Seite 2 von 2

Re: Absetzbarkeit von titulierten Unterhaltszahlungen, Wieso?

Verfasst: Mo 21. Nov 2016, 09:53
von Upstocker
Ok. Dann soll der Vater mal die Post abgehen lassen. :bravo:

Re: Absetzbarkeit von titulierten Unterhaltszahlungen, Wieso?

Verfasst: Mo 21. Nov 2016, 22:42
von Upstocker
Ich muß noch mal nachharken. Gab es bei einstweiliger Anordnung (Eilbedürftigkeit) nicht auch so eine Besonderheit wegen evidenter Bedarfsunterschreitung? Gab da doch mal so ein Urteil, daß der Kläger ja seine Notlage mit der Finanzierung über seinen
"Erwerbstätigenfreibetrag" vorübergehend "beheben" könnte. Lässt man die Erwerbstätigenfreibeträge von 330 Euro aussen vor, hätte der Vater mehr als den Regelsatz nach Abzug der Miete übrig. Allerdings hat er auch einen dynamischen Unterhaltstitel. Im Januar wird er noch ca.86 Euro oben drauf legen müssen, wenn er nicht gepfändet werden will.

LSG Essen in L 19 AS 1623/15 B ER
Im Hauptsacheverfahren geschützte Freibeträge nach § 11b SGB II finden im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes grundsätzlich keine Berücksichtigung, sie müssen vielmehr zur Deckung des aktuellen Bedarfes regelmäßig ausgeschöpft werden (Beschlüsse des Senats vom 07.12.2012 - L 19 AS 2223/12 B ER und vom 16.10.2014 - L 19 AS 1207/14 B ER; LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 17.04.2015 - L 4 AS 137/15 B ER; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 27.07.2015 - L 13 AS 205/15 B ER ). Es handelt sich bei den Freibeträgen nach § 11b Abs. 1 Nr. 1 - 6 SGB II, Abs. 2 und 3 SGB II um bereite Mittel, die tatsächlich zum Bestreiten des Lebensunterhalts zur Verfügung stehen und die über das Existenzminimum hinausgehen, das im Rahmen des gerichtlichen Eilrechtsschutzes gesichert werden soll. Derartige Einkommensfreibeträge sind für die Sicherstellung des Existenzminimums regelmäßig einzusetzen.
Wie könnte man so was kontern? Wovon geht denn die "Evidenz" überhaupt aus? Vom Gesamtbedarf oder vom Regelsatzbetrag?

Dem Bedarf von 620 steht ein anrechenbares Einkommen von 420 Euro gegenüber. Rechnet man die Summe der Erwerbstätigenfreibeträge drauf,
hat der Kläger 750 Euro. Da wird dem Kläger die EA doch in der Luft zerrissen...oder? Oder mache ich gerade einen Denkfehler?

Re: Absetzbarkeit von titulierten Unterhaltszahlungen, Wieso?

Verfasst: Mo 21. Nov 2016, 22:58
von Koelsch
Entscheidend für Eilbedürftigkeit ist doch, wie viel hat Pap für die Brötchen übrig:

Also ALG II Bedarf plus Erwerbtstätigenfreibetrag minus Einkommen (netto) minus Unterhalt. Wenn er dabei bei etwa € 360 für die Brötchen landet (404 minus ca. 10%), dann ist es wackelig, ob SG hier eine Eilbedürftigkeit sieht. Versuch macht da kluch

Re: Absetzbarkeit von titulierten Unterhaltszahlungen, Wieso?

Verfasst: Mo 21. Nov 2016, 23:05
von Upstocker
Koelsch hat geschrieben:Entscheidend für Eilbedürftigkeit ist doch, wie viel hat Pap für die Brötchen übrig:

Also ALG II Bedarf plus Erwerbtstätigenfreibetrag minus Einkommen (netto) minus Unterhalt. Wenn er dabei bei etwa € 360 für die Brötchen landet (404 minus ca. 10%), dann ist es wackelig, ob SG hier eine Eilbedürftigkeit sieht. Versuch macht da kluch
404 Euro Regelsatz + 216 Euro Warmmiete + 330 Euro Erwerbstätigenfreibetrag - 1480 Euro netto - 728 Euro Unterhalt = - 1288 ??? Hä?

Ich habe das schon mal selber gerechnet, ist aber 4 Jahre her.

Re: Absetzbarkeit von titulierten Unterhaltszahlungen, Wieso?

Verfasst: Di 22. Nov 2016, 06:49
von marsupilami
-1258??

Re: Absetzbarkeit von titulierten Unterhaltszahlungen, Wieso?

Verfasst: Di 22. Nov 2016, 08:10
von Koelsch
Nee, dann sieht das doch ganz anders aus:

Bedarf = 404 + 216 = 620
1480 netto minus Unterhalt = mehr als Bedarf, also kein ALG II Anspruch

Re: Absetzbarkeit von titulierten Unterhaltszahlungen, Wieso?

Verfasst: Di 22. Nov 2016, 10:18
von marsupilami
Und der Erwerbstätigenfreibetrag?

Re: Absetzbarkeit von titulierten Unterhaltszahlungen, Wieso?

Verfasst: Di 22. Nov 2016, 10:27
von Upstocker
Meine Zahlen sahen ursprünglich mal so aus:

Einkommen:

1480,00 Euro

Abzgl. Erwerbstätigenfreibeträge nach §11b Abs. 2 und Abs. 3 SGB II:

-330 Euro

Abzgl. titulierter Unterhaltsbeträge nach §11b Abs. 1 Satz 7:

(328+400)

- 728 Euro

Anrechenbares Einkommen:

= 422,00 Euro.

Bedarfsberechnung:

Regelbedarf (alleinstehend):

404 Euro

zzgl. Wohnkosten

+ 216 Euro

Gesamtbedarf:

620 Euro

Berechnung des Anspruchs auf ALG II:

Bedarf:

620 Euro

abzgl. anrechenbares Einkommen

-422,00 Euro

= 198 Euro Anspruch auf ALG II

Nimmt man die Erwerbstätigenfreibeträge in Summe von 330 Euro raus, dann besteht kein Anspruch mehr auf ALGII. Das eben vor dem Hintergrund der Maßgabe für die Eilbedürftigkeit (siehe #27) bei einer eA vor dem SG.

Re: Absetzbarkeit von titulierten Unterhaltszahlungen, Wieso?

Verfasst: Di 22. Nov 2016, 10:40
von Koelsch
Mal zu Fuß rechnen, bisher waren das Schnellschüsse aus dem Handgelenk:

0.620,00 Gesamtbedarf


1.480,00 Gesamteinkommen
0.728,00 Unterhalt
0.330,00 Freibetrag
0.422,00 anrechenbares Einkommen

0.198,00 ALG II Anspruch.

Hast also Recht, der hat einen ALG II Anspruch (wobei unser Rechner hier den Grundfreibetrag unterschlägt :motzki: )

Re: Absetzbarkeit von titulierten Unterhaltszahlungen, Wieso?

Verfasst: Mi 8. Nov 2017, 15:50
von Upstocker
Wollte mal einen Zwischenstand zu dem Post #15 abgeben. SG hat Eilbedürftigkeit in der Sache verneint, wobei ich die Begründung nicht kenne. Wird also erst im Hauptsacheverfahren geklärt werden. Und schon ist fast ein Jahr herum.

Re: Absetzbarkeit von titulierten Unterhaltszahlungen, Wieso?

Verfasst: Mi 8. Nov 2017, 16:38
von marsupilami
Das ging aber schnell!