Wovon erfolgt der Abzug der Freibeträge nach § 30 SGB 2 ?

Rund um Selbstständigkeit unter ALG II.
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aussendienstler
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Wovon erfolgt der Abzug der Freibeträge nach § 30 SGB 2 ?

#1

Beitrag von aussendienstler »

Betriebseinnahmen minus Betriebsausgaben minus Steuern/Sozialversicherung = X
Von X werden die Freibeträge prozentual berechnet und von X abgezogen = Y?
Y ist anrechenbares Einkommen?

oder (wie es bei Arbeitnehmern gehandhabt wird):

Betriebseinnahmen minus Betriebsausgaben = Z (vergleichbar brutto).
Von Z werden die Freibeträge prozentual berechnet.

Betriebseinnahmen minus Betriebsausgaben minus Steuern/Sozialversicherung (vergleichbar netto) MINUS Freibetrag = anrechenbares Einkommen?

...oder ganz anders?

Bin selbständiger Aufstocker mit Einnahmen über 400.- €/ mtl.

Danke für hilfreiche Antworten möglichst mit Begründung (§§ o.ä.).
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Koelsch
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Re: Wovon erfolgt der Abzug der Freibeträge nach § 30 SGB 2 ?

#2

Beitrag von Koelsch »

Willkommen im Forum.

Wenn es um X, Y, Z ging hab ich schon in der Schule einen geistigen Blackout gehabt, aber ich versuchs trotzdem mal zu erklären.

Begrifflich werden in diesem Bereich gerne mal zwei Begriffe in einen Topf geworfen, die aber nicht in einen Topf gehören.
  1. Du ermittelst Deinen Gewinn, das ist (theoretisch) ganz einfach Betriebseinnahmen minus Betriebsausgaben.
    Von diesem Gewinn wird dann der Freibetrag nach § 30 SGB II berechnet
    - Für Gewinne bis € 800 = (Bruttogewinn - € 100)* 20%
    - zusätzlich für Gewinne bis € 1200,00 (wenn Kinder in der BG sind bis € 1500) (Bruttogewinn (max. 1200/1500) - € 800) * 10%
  2. Dann wird der Bruttogewinn bereinigt nach § 11 Abs 2 SGB II
    Vom Bruttogewinn wird mindestens ein Grundfreibetrag von € 100,00 abgezogen, sollten die in § 11 Abs. 2 aufgelisteten Kosten höher sein als € 100 und gleichzeitig der Bruttogewinn über € 400 liegen, werden die höheren Kosten nach § 11 Abs. 2 SGB II abgezogen.
    Ergebnis ist das Nettoeinkommen
  3. Von diesem Nettoeinkommen ziehst Du dann den Freibetrag nach Pkt. 1 ab und erhälst dann das anrechenbare Einkommen, das also auf Deinen ALG II Bedarf angerechnet wird.
Frei nach Hanns-Dieter Hüsch, ist der Kölner überhaupt zu allem unfähig. Er weiß nix, kann aber alles erklären.
Deshalb kann von mir keine Rechtsberatung erfolgen, auch nicht per e-mail oder PN.
aussendienstler
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Re: Wovon erfolgt der Abzug der Freibeträge nach § 30 SGB 2 ?

#3

Beitrag von aussendienstler »

Hallo Koelsch,
da Du erst bei x,y,z Probleme hast, bist Du doch weit gekommen! Andere haben schon bei a,b,c Probleme...

Aber im Ernst:

Der Knackpunkt sind die Steuern/ Sozialabgaben. Gehören die zu den Betriebsausgaben und werden bei der Gewinnermittlung als Betriebsausgaben einbezogen? Was bedeuten würde, dass der Freibetrag nach § 30 niedriger ausfällt.

Oder gehören die Steuern/Sozialabgaben nicht zu den Betriebsausgaben bzgl. der Berechnung nach § 30 und werden erst später berücksichtigt? Denn so wird es bei Arbeitnehmern gemacht: "Für die Höhe Ihres Freibetrags ist das Bruttoeinkommen (Einkommen vor Steuern und Abgaben) entscheidend." ( Bundesagentur für Arbeit:
Startseite > Bürgerinnen & Bürger > Arbeitslosigkeit > Arbeitslosengeld II > Finanzielle Hilfen > Freibeträge).
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Günter
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Re: Wovon erfolgt der Abzug der Freibeträge nach § 30 SGB 2 ?

#4

Beitrag von Günter »

Lies doch den Koelsch bitte richtig
1. Du ermittelst Deinen Gewinn, das ist (theoretisch) ganz einfach Betriebseinnahmen minus Betriebsausgaben.
2. Dann wird der Bruttogewinn bereinigt nach § 11 Abs 2 SGB II
Nun der Blick ins Gesetz
(2) Vom Einkommen sind abzusetzen

1.
auf das Einkommen entrichtete Steuern,
2.
Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung einschließlich der Beiträge zur Arbeitsförderung,
3.
Beiträge zu öffentlichen oder privaten Versicherungen oder ähnlichen Einrichtungen, soweit diese Beiträge gesetzlich vorgeschrieben oder nach Grund und Höhe angemessen sind; hierzu gehören Beiträge

a)
zur Vorsorge für den Fall der Krankheit und der Pflegebedürftigkeit für Personen, die in der gesetzlichen Krankenversicherung nicht versicherungspflichtig sind,
b)
zur Altersvorsorge von Personen, die von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit sind,

soweit die Beiträge nicht nach § 26 bezuschusst werden,
4.
geförderte Altersvorsorgebeiträge nach § 82 des Einkommensteuergesetzes, soweit sie den Mindesteigenbeitrag nach § 86 des Einkommensteuergesetzes nicht überschreiten,
5.
die mit der Erzielung des Einkommens verbundenen notwendigen Ausgaben,
6.
für Erwerbstätige ferner ein Betrag nach § 30,
http://www.sozialgesetzbuch-sgb.de/sgbii/11.html

Damit ist deine Frage beantwortet, es wird analog zur Regelung für nicht selbstständig Beschäftigte gehandhabt.
Warnhinweis: Einige meiner Beiträge können Spuren von Ironie enthalten.

Ich könnte freundlich, aber wozu? :6:
aussendienstler
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Re: Wovon erfolgt der Abzug der Freibeträge nach § 30 SGB 2 ?

#5

Beitrag von aussendienstler »

Hallo Günter und Koelsch,
sorry, wenn ich eure Geduld strapaziere, aber für mich gibt es weiterhin eine Unklarheit:

Koelsch schreibt:
"Du ermittelst Deinen Gewinn, das ist (theoretisch) ganz einfach Betriebseinnahmen minus Betriebsausgaben.
Von diesem Gewinn wird dann der Freibetrag nach § 30 SGB II berechnet."

WO STEHT DAS bzw. WOHER WIRD DAS ABGELEITET, dass der Freibetrag nach § 30 von Betriebseinnahmen minus Betriebsausgaben berechnet wird?

In § 30 steht nur, was vom monatlichen Einkommen abzusetzen ist, aber nicht wie das monatliche Einkommen (von dem abgesetzt werden soll) berechnet wird.

Nach § 11 werden u.a. Steuern, Sozialversicherung, Betriebsausgaben und ein Betrag nach § 30 von den Einnahmen abgesetzt. Also nur eine Aufzählung, was alles abgesetzt werden kann.

Auch hier kein Hinweis, wie das monatliche Einkommen (von dem nach § 30 abgesetzt werden soll) berechnet wird.

Fazit:
Dass ein Freibetrag nach § 30 abgesetzt werden kann, ist klar. Dass der abzusetzende Freibetrag nach § 30 aus Betriebseinnahmen minus Betriebsausgaben errechnet werden soll, kann ich nicht erkennen!

Man könnte auch herauslesen, wie es mein Sachbearbeiter tut:
Betriebseinnahmen minus Steuern minus Sozialversicherung minus Betriebsausgaben (der Rest aus § 11 fällt bei mir nicht an). Von diesem Ergebnis wird der Freibetrag nach § 30 berechnet und davon abgezogen. Dann werden noch 100,- € nach § 11 abgezogen und das Ergebnis ist das anzurechnende Einkommen.

Also: Wie erkläre ich meinem Sachbearbeiter, dass der Freibetrag nach § 30 aus Betriebseinnahmen minus Betriebsausgaben zu berechnen ist UND wo steht das?

Danke für eure Geduld!
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Günter
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Re: Wovon erfolgt der Abzug der Freibeträge nach § 30 SGB 2 ?

#6

Beitrag von Günter »

Schau dir das Formular EKS an

http://www.arbeitsagentur.de/zentraler- ... ndiger.pdf

Unten auf Seite 2 ist der Gewinn ermittelt das Einnahmen - Kosten. Davon wird der Freibetrag errechnet. Und auf Seite 3 werden die Sozialabgaben etc ermittelt, das entspricht dem Nettolohn

3. Angaben zu den Aufwendungen, die nicht Betriebsausgaben sind und zu den Absetzungsmöglichkeiten (Legen Sie bitte entsprechende Nachweise vor.)

Ein SB der für Selbstständige zuständig ist sollte auch die Weisungen zum §3 AlgII-V kennen.

http://www.arbeitsagentur.de/zentraler- ... kommen.pdf


Ab RZ 11.24 wird es interessant für dich.
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Re: Wovon erfolgt der Abzug der Freibeträge nach § 30 SGB 2 ?

#7

Beitrag von aussendienstler »

Günter und Koelsch, danke für die Hilfe!

Letzte Frage:
Formulare und Weisungen kommen von der Arbeitsagentur. Leider bin ich in einer Optionskommune mit einer "mir san mir-Einstellung". Soweit ich weiss gelten da die Weisungen der Arbeitsagentur nicht. Fällt euch noch etwas ein, was eine Optionskommune überzeugen müsste?
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Günter
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Re: Wovon erfolgt der Abzug der Freibeträge nach § 30 SGB 2 ?

#8

Beitrag von Günter »

Ich würde mir hier etwas freundliche Unterstützung holen

Kundenreaktionsmanagement

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D - 90433 Nürnberg

Tel: 0911 / 529-2282
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Fr 08:00 - 13:00 Uhr

Optionskommune hin oder her, die agieren nicht im rechtsfreien Raum, sondern sind ans SGB II gebunden.
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Koelsch
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Re: Wovon erfolgt der Abzug der Freibeträge nach § 30 SGB 2 ?

#9

Beitrag von Koelsch »

Optionskommunen sind zwar möglicherweise nicht an die Durchführungsanweisungen der BA gebunden (auch da bin ich mir nicht sicher), aber sie sind auf jeden Fall an die Gesetze und Verordnungen gebunden, also SGB II und ALG II-V.
Frei nach Hanns-Dieter Hüsch, ist der Kölner überhaupt zu allem unfähig. Er weiß nix, kann aber alles erklären.
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