Ich habe den Eindruck, dass viele hier (insbesondere SchoenerBaum) mitten im WAld stehen und denselben vor lauter Bäumen gar nicht mehr sehen.
Ich möchte Euch an der Hand nehmen und gemeinsam aus dem Wald gehen.
Ausgangspunkt ist das Gesetz, hier § 11 und 11b SGB II: Von grundsätzlich (Ausnahmen in § 11a SGB II) allen Zuflüssen sind bestimmte Ausgaben absetzbar, und danach die Freibeträge.
Da ein Gesetz nicht stets unendlich in die Details gehen kann, gibt es die Möglichkeit, dass die Details in Normen ausgelagert werden, die im Rang unter dem förmlichen Gesetz stehen, nämlich in eine Verordnung. Eine solche Verordnung ist aber nur zulässig, wenn sie im Gesetz selber vorgesehen ist. Dies ist auch im SGB II der Fall, nämlich in § 13 SGB II ist dies geregelt. Nicht jede Verordnung, die in einem Gesetz vorgesehen ist, muss auch tatsächlich existieren. Dies ist auch im Bereich H-4 so: In § 13 III SGB II ist vorgesehen, dass die Regelungen zur Stallpflicht (§ 7 IVa SGB II) in eine Verordnung ausgelagert werden, diese Verordnung ist aber bis heute noch nicht erlassen worden.
Die in § 13 I Nr. 1 SGB II vorgesehene Verordnung besteht allerdings, das ist die ALG-II-VO, die grundlegend zum 1.1.2008 geändert wurde.
Die regelt verschiedene Materien:
Eingangsformel
§ 1 Nicht als Einkommen zu berücksichtigende Einnahmen
§ 2 Berechnung des Einkommens aus nichtselbständiger Arbeit
§ 3 Berechnung des Einkommens aus selbständiger Arbeit, Gewerbebetrieb oder Land- und Forstwirtschaft
§ 4 Berechnung des Einkommens in sonstigen Fällen
§ 5 Begrenzung abzugsfähiger Ausgaben
§ 5a Beträge für die Prüfung der Hilfebedürftigkeit
§ 6 Pauschbeträge für vom Einkommen abzusetzende Beträge
§ 7 Nicht zu berücksichtigendes Vermögen
§ 8 Wert des Vermögens
§ 9 Übergangsvorschrift
§ 10 Inkrafttreten, Außerkrafttreten
Für unser Thema von Relevanz sind die §§ 2-6
Und da sieht mann sehr schön: Nichtselbständige Arbeit; Selbständige Arbeit, Gewerbebetrieb und Land- und Forstwirtschaft; Sonstige Fälle sind drei Bereiche, die nebeneinander stehen und jeder für sich berechnet werden.
Dies geht auch mittelbar aus § 5 hervor, denn Verluste in einer Einkommensart können nicht mit Gewinnen in einer anderen Einkommensart verrechnet werden.
Soweit SchoenerBaum also selbständig tätig ist, braucht er sich nur um § 3 zu kümmern, §§ 2 und 4 kann er ausblenden.
Nach § 3 I ALG-II-VO ist von den Betriebseinnahmen "auszugehen". das Wort hat SchoenerBaum auch richtig zitiert, aber falsch verstanden: "Auszugehen" bedeutet hier nur den Beginn aller Schritte in § 3, nämlich dann Absetzungen der Ausgaben nach Absatz 2. Damit nicht wirklich alles abgesetzt werden kann, erfolgen in Abs. 3 Einschränkungen (Vermeidbar? Zu "üppig"? Unverhältnismäßig? Etc.).
Um eine gewisse "Glättung" herbeizuführen, wird in Abs. 4 das "strenge Zu- und Abflussprinzip" aufgelockert, als dass nicht monatlich geschaut, sondern für den gesamten Bewilligungszeitraum gerechnet wird und das Ergebnis dann durch die Anzahl der Monate dividiert wird.
Dieser Wert soll dann um die Absetzbeträge des § 11b SGB II reduziert weden, und so steht es dann auch im Tabellenwerk des Bewilligungsbescheids.
Als Jurist habe ich gelernt, dass die Interpretation zuerst vom reinen Wortlaut auszugehen hat (in späteren Schritten kann evtl. unter dem Aspekt von Sinn und Zeck eine Zurückführung erfolgen ["teleologische Reduktion"], aber das sind schon vertiefte Details der "juristischen Methodenlehre" ...).
Und jetzt, lieber SchoenerBaum, prüfe Deine Ansicht anhand des Wortlauts der zitierten Normen, ob sie sich darin belegen lässt.
Auch wenn ich Nichtraucher bin, halte ich es gerne mit der alten HB-Reklame "Offen für neue Ansichten", ich lasse mich gerne überzeugen. Diese Arbeit obliegt aber nun Dir.