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Urteil vom Sozialgericht München zu Tragfähigkeit (Argumente gegen Mobcenter)

Verfasst: Fr 9. Feb 2018, 10:59
von Websurfer
Hier sind Auszüge aus einem Urteil des SG München von 2013. Vielleicht interessant für Gründer, die gute Argumente für einem Antrag auf Zuschüsse bei ihrem Mobcenter benötigen. Geklagt hatte ein Mann gegen die Agentur für Arbeit.

SG München, Urteil v. 12.03.2013 – S 35 AL 753/12
http://www.gesetze-bayern.de/(X(1)S(szhy4t3q2j0c2xm0bcogl2pg))/Content/Document/Y-300-Z-BECKRS-B-2013-N-69089?hl=true&AspxAutoDetectCookieSupport=1

Der Kläger hat einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über seinen Antrag auf Leistung eines Gründungszuschusses, da die entsprechenden Tatbestandsvoraussetzungen nach Auffassung des Gerichts erfüllt sind.

Die Beklagte kann sich zur Erschütterung der Tragfähigkeit einer Existenzgründung nicht darauf berufen, dass die tatsächlichen Umsatzzahlen in den ersten Monaten der selbstständigen Tätigkeit nicht für eine Tragfähigkeit des Unternehmens sprechen. Dies ergibt sich nicht nur aus der Tatsache, dass in einer Rentabilitätsvorschau niemals exakte Werte ermittelt werden können, sondern dies ergibt sich insbesondere aus dem Wesen einer Prognoseentscheidung. Genauso wie bei Vorliegen einer negativen Tragfähigkeitsbescheinigung ein Arbeitsloser nicht durch den tatsächlichen Erfolg einer Unternehmung im Nachhinein eine positive Prognose belegen kann, kann die Beklagte eine positive Tragfähigkeitsbescheinigung nicht mit dem tatsächlichen Verlauf der selbstständigen Tätigkeit entkräften. Die Beurteilung der Tragfähigkeit der Existenzgründung ist eine Prognoseentscheidung, die nicht bereits dadurch fehlerhaft wird, dass sich die tatsächlichen Verhältnisse anders als prognostiziert entwickeln (LSG Schleswig-Holstein, Urteil vom 11.12.2009, Az.: L 3 AL 28/08, zitiert nach Juris).

Letztlich muss es einem Existenzgründer offen stehen, aus Gründen des erfolgreichen Marketings zu Beginn seiner Tätigkeit Leistungen als Lockmittel kostenlos anzubieten. Der Kläger benötigt für (zukünftige) Kunden ein Argument, seine Dienstleistung zunächst auszuprobieren. Hieraus ergibt sich auch nicht die fehlende Tragfähigkeit des Unternehmens.

Die vorliegende Tragfähigkeitsbescheinigung ist auch nicht dadurch entkräftet, dass der im ersten Jahr erzielte Gewinn unter den Regelsätzen des SGB II liegt.

Im Bereich des SGB II geht der Gesetzgeber davon aus, dass Existenzgründungen gefördert werden können, wenn innerhalb von zwei Jahren die Hilfebedürftigkeit durch die selbstständige Tätigkeit dauerhaft überwunden oder verringert werden kann. „Da Existenzgründungen aus Arbeitslosigkeit im SGB II regelmäßig unter schwierigen Bedingungen erfolgen, bedarf es bei Existenzgründern eines größeren Spielraums. Bei dieser Personengruppe sollte daher ein Zeitraum von bis zu 24 Monaten zugrunde gelegt werden“ (BT-Drs. 16/10810 S. 47).

Re: Urteil vom Sozialgericht München zu Tragfähigkeit (Argumente gegen Mobcenter)

Verfasst: Fr 9. Feb 2018, 11:14
von Koelsch