Rückzahlungen nach 5 Jahren ohne EKS rechtens?

Rund um Selbstständigkeit unter ALG II.
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alggr
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Rückzahlungen nach 5 Jahren ohne EKS rechtens?

#1

Beitrag von alggr »

Guten Tag,

ich hätte gerne zu folgendem Fall einmal eure Meinung gehört:

Ich war im Jahr 2010 arbeitslos und habe am 15.12.2010 ein Gewerbe angemeldet. Somit war ich also Selbstständiger und bekam weiter Unterstützung vom Sozialamt. Nun muss man ja in diesem Fall alle 6 Monate Unterlagen abgeben jeweils zum abschließenden Einkommen und zum voraussichtlichen Einkommen (Anlage EKS). Anfangs hat mein Steuerberater diese Arbeit zwei oder dreimal für mich erledigt, da ich auf „Nummer Sicher“ gehen wollte, dass alles korrekt ist. Danach (aus Kostengründen) habe ich dies selbst gemacht. Allerdings auch nur über einen gewissen Zeitraum, danach habe ich diese Arbeit schleifen lassen, aber es hat sich auch niemand bei mir gemeldet und diese Unterlagen von mir verlangt. Ich muss sagen, ich hatte ein durchschnittlich geringes und gleichzeitig auch sehr unregelmäßiges Einkommen. Z.B. habe ich mal einen Monat Einnahmen von 2000 € gehabt, dann wiederrum aber auch mal zwei Monate nur sehr geringe Beträge mit Einnahmen von insgesamt nicht mehr als 100 €. Ich muss zugeben, ich habe dann in der Regel alle paar Monate nur überschlagen, ob ich Rückzahlungen an das Amt leisten müsste und war eigentlich zu dem Schluss gekommen, dass dies nicht der Fall ist. Das war auch der Grund, warum ich das Einreichen der Unterlagen vernachlässigt habe und gleichzeitig dachte ich, dass sich deswegen keiner meldet, da meine Einkünfte sowieso durchschnittlich gering sind. Dies ging so bis Anfang 2017. Da hat das Arbeitsamt mich gebeten, alle Unterlagen für die Jahre 2013-2017 gesammelt einzureichen. Nach deren Prüfung soll ich nun insgesamt rund 7000 € zurückzahlen. Da war ich doch etwas überrascht. Man könnte nun natürlich behaupten, selber schuld, da ich ja die Unterlagen nicht regelmäßig eingereicht habe. Aber mir stellen sich doch zwei Fragen: 1. Hat das Amt nicht doch die Verpflichtung diese Unterlagen in regelmäßigen Abständen einzufordern bzw. können die nach so einem großen Zeitraum rückwirkend noch die komplette Summe einfordern? Und 2.: Ich würde gerne überprüfen, ob das alles so korrekt ist, was das Amt ausgerechnet hat, aber leider blicke ich da nicht ganz durch. Die Unterlagen nun nochmal vom Steuerberater prüfen zu lassen, würde aber wieder einen finanziellen Aufwand bedeuten, den ich im Moment nicht stemmen kann. Gibt es da noch eine andere Möglichkeit?

Danke im Voraus für eure Antworten!
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tigerlaw
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Re: Rückzahlungen nach 5 Jahren ohne EKS rechtens?

#2

Beitrag von tigerlaw »

:willkommen:

Leider kann das JC noch nach Jahren kommen und eine Abrechnung verlangen.

Ich weiß jetzt nicht, was Du im einzelnen abgegeben hast: Nur die Tabellen de Anlage EKS selber, oder auch die Einzelangaben?

Waren dafür auch Belege beigefügt?

Meine Empfehlung: leg erst einmal gegen alle Rückforderungsbescheide Widerspruch ein, dann musst Du nicht sofort die Erstattungen bezahlen (diese solltest Du aber zur Sicherheit zurücklegen!).

Hier gibt es eine schöne EXCEL-Anwendung, mit der Du die Tabellen Teil A + B direkt befüllen kannst:

http://www.alg-ratgeber.de/viewtopic.php?p=449#p449

Viel Erfolg!
Ich darf sogar beraten - bei Bedarf bitte PN!
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kleinchaos
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Re: Rückzahlungen nach 5 Jahren ohne EKS rechtens?

#3

Beitrag von kleinchaos »

Bis August 2016 konnte das JC das Einkommen schätzen, wenn man es nicht bis spätestens 2 Monate nach Ablauf des BWZ per EKS nachgewiesen hat.
Seit September 2016 muss man nur noch umgehend nach Ablauf des BWZ das Einkommen nachweisen. Für nicht nachgewiesene Zeiträume wird jedoch keine Bedürftigkeit angenommen und somit werden die Monate komplett zurückgefordert
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tigerlaw
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Re: Rückzahlungen nach 5 Jahren ohne EKS rechtens?

#4

Beitrag von tigerlaw »

Und dies gilt gemäß den Gerichten - auch wenn ich es nicht aus dem Gesetz lesen kann . auch für BWZ, die vor dem 01.08.2016 geendet hatten!
Ich darf sogar beraten - bei Bedarf bitte PN!
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Koelsch
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Re: Rückzahlungen nach 5 Jahren ohne EKS rechtens?

#5

Beitrag von Koelsch »

Ja, das kann ich auch nicht aus dem Gesetz erkennen.
Frei nach Hanns-Dieter Hüsch, ist der Kölner überhaupt zu allem unfähig. Er weiß nix, kann aber alles erklären.
Deshalb kann von mir keine Rechtsberatung erfolgen, auch nicht per e-mail oder PN.
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kleinchaos
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Re: Rückzahlungen nach 5 Jahren ohne EKS rechtens?

#6

Beitrag von kleinchaos »

Richtig. Gilt aber, meiner Meinung nach, auch für BWZ die vor dem 16.08.2016 BEGONNEN haben. Denn in den vorläugigen Bescheiden dazu stand ja immer als Hinweis: abschließende EKS bis 2 Monate nach Ablauf des BWZ abgeben. Also muss auch für den Zeitraum bis spätestens 31.01.2017 diese Regelung gelten.
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Olivia
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Re: Rückzahlungen nach 5 Jahren ohne EKS rechtens?

#7

Beitrag von Olivia »

kleinchaos hat geschrieben: Sa 10. Feb 2018, 20:36Seit September 2016 muss man nur noch umgehend nach Ablauf des BWZ das Einkommen nachweisen.
Gibt es ein Risiko, wenn man sich weiterhin zwei Monate Zeit lässt?
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kleinchaos
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Re: Rückzahlungen nach 5 Jahren ohne EKS rechtens?

#8

Beitrag von kleinchaos »

Vermutlich nicht. Die Erfahrung bisher ist, dass die SB zur Abgabe mit Termin auffordern. Ist aber sicher überall anders
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alggr
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Re: Rückzahlungen nach 5 Jahren ohne EKS rechtens?

#9

Beitrag von alggr »

Hallo, ich würde gerne wissen: was passiert, wenn ich Privatinsolvenz anmelde?
Olivia
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Re: Rückzahlungen nach 5 Jahren ohne EKS rechtens?

#10

Beitrag von Olivia »

Dann kann das Jobcenter meines Wissens nach trotzdem auf Dich zukommen und Forderungen im Wege der Aufrechnung von künftiger Grundsicherung einbehalten.

http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/h ... -1.3088836
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marsupilami
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Re: Rückzahlungen nach 5 Jahren ohne EKS rechtens?

#11

Beitrag von marsupilami »

Ist zwar im Prinzip richtig, aber ganz so schnell dürfen die auch nicht scharf schießen.
https://rechtsanwalt-und-sozialrecht.de ... jobcenter/


Privatinsolvenz:
Da wäre erst mal zu klären, ob Du als Selbstständiger (= Firma) überhaupt Prívatinsolvenz anmelden kannst.

Ansonsten ist auch lange nicht so einfach, wie sich das anhört.
Meld ich halt Insolvenz an und gut ist.

Abgesehen davon, dass das einen Schufa-Eintrag generiert und dann selbst der popelige Abschluß eines Handy-Vertrages zum Problem wird, lebst Du ca. 6 Jahre auf Sparflamme.
Gut, das tut man ALG-II-Empfänger sowieso, aber so eine Inso macht es noch mal einen Ticken sparsamer.
https://www.anwalt.org/privatinsolvenz-folgen/

Zwar können staatliche Sozialleistungen im Prinzip nicht gepfändet werden, nur ist nach wie vor letztendlich die Höhe der Geldeingänge das Maß der Dinge. Z.B. kann Altersrente genau wie ein Gehalt gepfändet werden und zwar der Teil, der über der Pfändungsgrenze liegt.

Wenn Inso, dann also auch über ein Pfändungsschutzkonto nachdenken und informieren.
Signatur?
Muss das sein?
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Re: Rückzahlungen nach 5 Jahren ohne EKS rechtens?

#12

Beitrag von friys »

kleinchaos hat geschrieben: Fr 11. Mai 2018, 07:37 Zu bedenken ist auch, dass im Falle der GruSi oder der Erwerbslosigkeit die Pfändungsgrenze bei etwas über 850€ liegt. Also schön vorsichtig mit der Pfändungstabelle.
kleinchaos hat geschrieben: Fr 11. Mai 2018, 15:00 Ist der Unterhaltsverpflichtete arbeitslos, dann hat er ja keine Kosten durch Erwerbstätigkeit, also Fahrkosten, Verpflegung etc. Und dann wird ganz offiziell auf die rund 850€ abgestellt als Selbstbehalt. Bei Privatinsolvenz wird das übrigens auch oft so gehandhabt
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tigerlaw
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Re: Rückzahlungen nach 5 Jahren ohne EKS rechtens?

#13

Beitrag von tigerlaw »

kleinchaos hat geschrieben: So 11. Feb 2018, 08:52 Vermutlich nicht. Die Erfahrung bisher ist, dass die SB zur Abgabe mit Termin auffordern. Ist aber sicher überall anders
Habe heute früh von einem Mandanten per Mail erhalten: Er wurde mit PZU (=förmlicher gelber Umschlag) aufgefordert, die aEKS bis zum Termin xxx abzugeben.
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tigerlaw
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Re: Rückzahlungen nach 5 Jahren ohne EKS rechtens?

#14

Beitrag von tigerlaw »

Olivia hat geschrieben: Sa 12. Mai 2018, 08:07 Dann kann das Jobcenter meines Wissens nach trotzdem auf Dich zukommen und Forderungen im Wege der Aufrechnung von künftiger Grundsicherung einbehalten.

http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/h ... -1.3088836
Dürfte aber nur solange gehen, wie förmlich aufgerechnet werden darf, also drei Jahre. Danach dürfte auch die restliche JC-Forderung eine normale Schuld werden und voraussichtlich von der Restschuldbefreiung mit umfasst werden.
Ich darf sogar beraten - bei Bedarf bitte PN!
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