Arbeitszimmer und Telefon nur teilweise anerkannt

Rund um Selbstständigkeit unter ALG II.
Benutzeravatar
Günter
Moderator
Beiträge: 44061
Registriert: So 5. Okt 2008, 12:58
Wohnort: Berliner in Potsdam

Re: Arbeitszimmer und Telefon nur teilweise anerkannt

#26

Beitrag von Günter »

Nur fehlt leider jegliche gesetzlicher Regelung. Also kann nur gelten, der Gesetzgeber hat in seiner großen Weisheit beschlossen im Regelsatz 2019 ist ein Betrag von € 36,89 für Energiekosten enthalten. Mehr verbraucht ein e>HB also nicht. Daraus folgt jeglicher Mehrverbrauch wird gewerblich erzeugt. Warum sollte der Gewerbetreibende etwas nachweisen, was der Gesetzgeber bereits vorgegeben hat?
Warnhinweis: Einige meiner Beiträge können Spuren von Ironie enthalten.

Ich könnte freundlich, aber wozu? :6:
Benutzeravatar
friys
Benutzer
Beiträge: 1321
Registriert: Mo 26. Mär 2018, 17:23

Re: Arbeitszimmer und Telefon nur teilweise anerkannt

#27

Beitrag von friys »

Um so vorweg noch einmal zu betonen:

„Mir geht es grundsätzlich nicht ums Recht haben, sondern nur um Darlegung und Begründung meiner Einschätzungen“. Auch nicht „darum kleinkidisch zu sagen: Ätschebätsch ich hab Recht.“ Ich habe keinerlei Probleme andere Ansichten zu akzeptieren, muss ihnen aber nicht folgen.


Mein Hirnschmalz reicht dann doch nicht aus, um der Logik zu folgen, dass der SGB-II-Normalo für seinen privaten Wohnraum für Energiekosten € 36,89 (im Regelsatz enthaltene Pauschale) plus 42,11 Euro (Differenz aus monatlicher Vorauszahlung) von seinem Regelsatz bezahlen muss, während für den SGB-II Selbstständigen die 42,11 Euro (Differenz aus monatlicher Vorauszahlung) automatisch als betrieblich veranlasst gelten soll. Vielleicht ist's ja doch das nahende Rentenalter. Also es sei, wie es sei.


Nachfolgend entnehme ich Inhaltlich aus dem Berliner Urteil, welches unser @tigerlaw im Mai 2015 erstritten hat:

Zwei Personen, rund 78 m² große Wohnung, davon 11 m²Arbeitszimmer. Die monatlichen Stromabschläge betrugen 101,00 Euro. Von dem tatsächlichen Stromabschlag von 101 Euro für 78 m² entfällt schließlich ein Betrag von 14,24 Euro auf das Arbeitszimmer (101 geteilt durch 78 m² mal 11 m²). Es ergeben sich damit durchschnittliche monatliche Kosten von 108,11 Euro = (((6 x 79,67 Euro) + (2 x 14,69) + (4 x 13,96 Euro) + (6 x 14,24 Euro)) /6 Monate).

Die Kosten von monatlich im Schnitt 108,11 Euro stehen zu den erwirtschafteten Beträgen auch nicht außer Verhältnis. Diese Kosten sind auch insgesamt als notwendige Betriebsausgaben anzusehen (zu diesem Ergebnis bei Kosten für ein Arbeitszimmer vgl. auch z.B. SG Leipzig, Beschluss vom 16. Februar 2011 - S 15 AS 4182/10 ER - juris-Rn. 19).

Vor diesem Hintergrund sind auch die Stromkosten anteilig als Betriebsausgaben für das Arbeitszimmer zugrunde zu legen, weil sie bei Anmietung eines externen Raumes als eigener Kostenposten auch eine Betriebsausgabe darstellen würden. Insofern gebietet es Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG), diese wesentlich gleichen Fälle nicht ungleich zu behandeln.
Benutzeravatar
friys
Benutzer
Beiträge: 1321
Registriert: Mo 26. Mär 2018, 17:23

Re: Arbeitszimmer und Telefon nur teilweise anerkannt

#28

Beitrag von friys »

Anm.: @tigerlaws 13-Urteilsseiten habe ich erst nachträglich zum Thema Stromkosten gelesen.
Benutzeravatar
tigerlaw
Benutzer
Beiträge: 8233
Registriert: Mi 2. Feb 2011, 14:41
Wohnort: Bei Aachen/NRW

Re: Arbeitszimmer und Telefon nur teilweise anerkannt

#29

Beitrag von tigerlaw »

Noch einmal, @ Fryis:

Auszugehen ist von zwei Fakten:
1. Die berufliche Tätigkeit in der Wohnung führt unweigerlich zu Stromkosten.
2. Die Stromkosten können nicht separat herausgemessen werden.

Jetzt gibt es drei Herangehensweisen:
Entweder werden die Stromkosten flächenproportional aufgeteilt (das ist Dein bevorzugter Ansatz),
oder aber von den Gesamtstromkosten werden die nach der EVS bemessenen Stromkosten für alle BG-Mitglieder als Privatverbrauch herausgerechnet und der Rest automatisch als mit der Umsatzgenerierung verknüpft in die EKS-Berechnung einbezogen (das ist Günters Ansatz),
oder aber es werden die Stromaufnahmen der einzelnen beruflich genutzten Geräte erfasst (Typenschilder, "Logbücher" der tatsächlichen Nutzung) und der EKS zugeschlagen.

Keine dieser Alternativen ist "abwegig". Der Ansatz von Günter ist einzelfallorientiert optimiert zugunsten des eLB (da mag dann zurecht gefragt werden, warum die nicht in der Wohnung berufstätigen eLB unterm Strich mehr bezahlen müssen [Verstoß gegen Art 3 GG].
Der letztgenannte Ansatz ist strikt einzelfallorientiert, ohne aber (inzident) auf die verfälschenden Berechnungen der EVS-Bemessung der Regelbedarfe einzuschlagen.
Der von Dir bevorzugte Ansatz ist eher gleichheitsorientiert.

Eine Behörde mag ebenfalls dieser Alternative zuneigen, ein Interessenvertreter eines eLB sollte - im Rahmen des Möglichen - die für seinen Mandanten beste Lösung versuchen durchzusetzen
Ich darf sogar beraten - bei Bedarf bitte PN!
Benutzeravatar
Günter
Moderator
Beiträge: 44061
Registriert: So 5. Okt 2008, 12:58
Wohnort: Berliner in Potsdam

Re: Arbeitszimmer und Telefon nur teilweise anerkannt

#30

Beitrag von Günter »

Das JC darf keinesfalls einen gewaltigen Bürokratieaufwand (Logbücher etc) verlangen. Und auch keine Zusatzkosten, wie den Einbau von Stromzählern, verursachen. Für beide Fälle fehlt eine gesetzliche Regelung.
Warnhinweis: Einige meiner Beiträge können Spuren von Ironie enthalten.

Ich könnte freundlich, aber wozu? :6:
Benutzeravatar
friys
Benutzer
Beiträge: 1321
Registriert: Mo 26. Mär 2018, 17:23

Re: Arbeitszimmer und Telefon nur teilweise anerkannt

#31

Beitrag von friys »

friys hat geschrieben: Di 11. Dez 2018, 16:39 Es ist nachvollziehbar, dass @Koelsch für seine selbständigen Mandanten das Optimum herausholen möchte.
tigerlaw hat geschrieben: So 16. Dez 2018, 14:40 ... ein Interessenvertreter eines eLB sollte - im Rahmen des Möglichen - die für seinen Mandanten beste Lösung versuchen durchzusetzen
Seit Beitrag #8 und dem riesigen SW-Eimer haben sich "drei Herangehensweisen" zwecks Stromkostenverteilung herauskristallisiert; das ist ... :Super:
Olivia
Benutzer
Beiträge: 22158
Registriert: Do 31. Dez 2015, 19:27

Re: Arbeitszimmer und Telefon nur teilweise anerkannt

#32

Beitrag von Olivia »

Olivia hat geschrieben: So 16. Dez 2018, 11:20
tigerlaw hat geschrieben: So 16. Dez 2018, 11:08 Solange jedoch in einer "angemessenen" Wohnung dem Beruf nachgegangen wird, sollte man die KdU nicht umschichten
Sofern das Jobcenter einen nicht dazu auffordert. Wieso??? Gerade deshalb habe ich doch "angemessen" geschrieben!
Natürlich kann das JC eine Ansage machen, eine Büroarbeitsecke auch in einer angemessenen Wohnung in die EKS auszugliedern. Nämlich beispielsweise dann, wenn Büromaterialkäufe stattfinden oder der Erwerb eines Bürosessels. Der Selbständige muss dann auch in einer angemessenen Wohnung jeden Monat den KdU-Anteil der Büroecke durch Betriebseinnahmen decken. Es sei denn, der Selbständige weist eben nach, dass er in einer angemessenen Wohung gar keine Arbeitsecke in seiner Wohnung hat, sondern beispielsweise von unterwegs arbeitet (siehe den nachfolgenden Satz meines Ausgangspostings, dann sollte allerdings auch kein Bürosessel gekauft werden). Ich bekam damals die Ansage, entweder Büroecke ausgliedern oder Büromaterialkäufe werden nicht anerkannt!
HarzerUrvieh
Benutzer
Beiträge: 4140
Registriert: Mi 27. Jun 2018, 18:10
Wohnort: nah am Mittelgebirge

Re: Arbeitszimmer und Telefon nur teilweise anerkannt

#33

Beitrag von HarzerUrvieh »

Was ist denn, wenn die Büro-Ecke und z.B. eine Werkstatt im Keller des Wohnhauses liegen.
Der Keller wird im Mietvertrag weder als Nutz- noch als Wohnfläche aufgeführt. Miete wird nur für Wohnraum bezahlt.
Dann hätte man keine anteiligen Wohn-qm aber immer noch Strom-, Heiz-, Müllkosten usw. die eigentlich auch in die EKS gehören. Nur eben ohne Miete. Oder bin ich da auf dem Holzweg?
Zuletzt geändert von HarzerUrvieh am Sa 18. Apr 2020, 15:42, insgesamt 1-mal geändert.
Licht ist schneller als Schall. Deshalb wirken manche Menschen hell, bis man sie sprechen hört.
Benutzeravatar
Koelsch
Administrator
Beiträge: 89393
Registriert: Fr 3. Okt 2008, 20:26

Re: Arbeitszimmer und Telefon nur teilweise anerkannt

#34

Beitrag von Koelsch »

Damit liegst Du richtig, auch die Kosten wären m.E. zu "EKS'sen"
Frei nach Hanns-Dieter Hüsch, ist der Kölner überhaupt zu allem unfähig. Er weiß nix, kann aber alles erklären.
Deshalb kann von mir keine Rechtsberatung erfolgen, auch nicht per e-mail oder PN.
HarzerUrvieh
Benutzer
Beiträge: 4140
Registriert: Mi 27. Jun 2018, 18:10
Wohnort: nah am Mittelgebirge

Re: Arbeitszimmer und Telefon nur teilweise anerkannt

#35

Beitrag von HarzerUrvieh »

Danke. Das hatte ich bei der letzten vEKS nicht bedacht. Kann ich aber wohl in der dazugehörigen aEKS einbringen, richtig?
Licht ist schneller als Schall. Deshalb wirken manche Menschen hell, bis man sie sprechen hört.
Benutzeravatar
Koelsch
Administrator
Beiträge: 89393
Registriert: Fr 3. Okt 2008, 20:26

Re: Arbeitszimmer und Telefon nur teilweise anerkannt

#36

Beitrag von Koelsch »

Richtig
Frei nach Hanns-Dieter Hüsch, ist der Kölner überhaupt zu allem unfähig. Er weiß nix, kann aber alles erklären.
Deshalb kann von mir keine Rechtsberatung erfolgen, auch nicht per e-mail oder PN.
HarzerUrvieh
Benutzer
Beiträge: 4140
Registriert: Mi 27. Jun 2018, 18:10
Wohnort: nah am Mittelgebirge

Re: Arbeitszimmer und Telefon nur teilweise anerkannt

#37

Beitrag von HarzerUrvieh »

Gibt man dann alles, was über den im Regelsatz enthaltenen Betrag ist, als betrieblich verursacht an?
Licht ist schneller als Schall. Deshalb wirken manche Menschen hell, bis man sie sprechen hört.
Benutzeravatar
Koelsch
Administrator
Beiträge: 89393
Registriert: Fr 3. Okt 2008, 20:26

Re: Arbeitszimmer und Telefon nur teilweise anerkannt

#38

Beitrag von Koelsch »

So mache ich das
Frei nach Hanns-Dieter Hüsch, ist der Kölner überhaupt zu allem unfähig. Er weiß nix, kann aber alles erklären.
Deshalb kann von mir keine Rechtsberatung erfolgen, auch nicht per e-mail oder PN.
HarzerUrvieh
Benutzer
Beiträge: 4140
Registriert: Mi 27. Jun 2018, 18:10
Wohnort: nah am Mittelgebirge

Re: Arbeitszimmer und Telefon nur teilweise anerkannt

#39

Beitrag von HarzerUrvieh »

:-)

Ich mache das jetzt auch so.

Vielen, vielen Dank!
Licht ist schneller als Schall. Deshalb wirken manche Menschen hell, bis man sie sprechen hört.
Benutzeravatar
Koelsch
Administrator
Beiträge: 89393
Registriert: Fr 3. Okt 2008, 20:26

Re: Arbeitszimmer und Telefon nur teilweise anerkannt

#40

Beitrag von Koelsch »

Viel Erfolg
Frei nach Hanns-Dieter Hüsch, ist der Kölner überhaupt zu allem unfähig. Er weiß nix, kann aber alles erklären.
Deshalb kann von mir keine Rechtsberatung erfolgen, auch nicht per e-mail oder PN.
Antworten

Zurück zu „Selbstständig und ALG II/Hartz IV“