Die Frage der Angemessenheit der Aufwendungen war von der Kammer vorliegend unter Berücksichtigung des tatsächlich zwischen dem Antragsteller und seiner Mutter bestehenden Zwei-Personen-Haushaltes zu überprüfen. Nicht abzustellen war, wie der Antragsteller meint, auf einen fiktiven Bedarf einer Zwei-Personen-Wohngemeinschaft, welcher oberhalb des Bedarfs eines Zwei-Personen-Haushaltes und unterhalb des Gesamtbedarfs zweier Ein-Personen-Haushalte zu bestimmen sei. Die Notwendigkeit einer fiktiven Bedarfsbestimmung im vorliegenden Fall hat weder der Antragsteller selbst glaubhaft dargelegt, noch ist von einer solchen nach Auffassung der Kammer auszugehen.
Wenn es keine Bedarfsgemeinschaft ist, und das gibt der Richter ja zu, hat der junge Mann recht.
Die tatsächlichen Kosten sind kopfweise zu teilen, sein Anteil ist bis zum Höchstsatz für Alleinlebende zu übernehmen. Punkt.
Weil es eben
keine BG ist.
Ausgehend von dem die Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende beherrschenden Bedarfsdeckungsgrundsatz ist allein der tatsächliche Bedarf maßgebend. Die Wohngemeinschaft des Antragstellers ist mit einem typischen Zwei-Personen-Haushalt bestehend aus einer Bedarfsgemeinschaft zwischen zwei Personen vergleichbar.
Es ist keine! Wie kommt der Richter dazu, diese "einer Bedarfsgemeinschaft vergleichbaren Wohngemeinschaft" zu erfinden und darauf BG-Regeln anzuwenden?
Wo im SGB II findet sich dieses Konstrukt?
Aus welchem Grund im zu erkennenden Fall ein anderer Maßstab anzulegen ist, hat der Antragsteller nicht darlegen können. Er beschränkt seinen Vortrag unter Berufung auf vereinzelte Entscheidungen in der sozialgerichtlichen Rechtsprechung lediglich darauf, dass die für Bedarfsgemeinschaften geltenden Angemessenheitsrichtlinien nicht uneingeschränkt auf Wohngemeinschaften übertragen werden können (vgl. u.a. SG Lüneburg, Beschluss vom 02.06.2006, S 25 AS 483/06 ER, dokumentiert in Juris).
Womit er ganz einfach recht hat.
Nach Auffassung der Kammer weicht die von dem Antragsteller vorgetragene Wohnsituation jedoch nicht von derjenigen einer typischen Bedarfsgemeinschaft, bestehend aus zwei Personen ab. Der Antragsteller hat vorgetragen, er teile sich mit seiner Mutter die Küche und das Bad; er nutze ein Zimmer für sich selbst als Wohn und Schlafzimmer und seine Mutter nutze für sich ein Wohnzimmer sowie ein Schlafzimmer. Damit findet, wie der Antragsgegner zutreffend vorträgt, keine räumliche Trennung im Sinne von Wohneinheiten, sondern eine gemeinsame Nutzung der Wohnung statt.
Genau wie in jeder WG.
Oder gibt es da keine gemeinsame Nutzung von Bad und Küche?
Einziger Unterschied zu einer Bedarfsgemeinschaft ist damit lediglich die diesen Gemeinschaften entsprechend der Vorschriften des SGB II obliegende Pflicht gegenseitiger Unterstützung zur Beendigung oder Verringerung der Hilfebedürftigkeit Diese Pflicht hat jedoch keinerlei Auswirkungen auf den tatsächlichen Wohnbedarf der einzelnen zu der Bedarfsgemeinschaft gehörenden Personen.
Bitte jetzt das mal so richtig auf der Zunge zergehen lassen - und dann
nicht mit dem Kopf an die Wand rennen!
Wo bitte ist der Unterschied zur WG?
Und diese beiden sind definitiv keine BG!
Der Richter gibt einerseits zu, dass es keine BG ist. Andererseits dann der letzte Satz oben: der hat einen an der Waffel!
Der Wohnbedarf dieser Personen ist nach Auffassung der Kammer kein anderer als derjenige der in Wohngemeinschaft lebender Personen. So wird auch bei Haushaltsgemeinschaften im Sinne des § 9 Abs. 5 SGB II – eine solche dürfte zwischen dem Antragsteller und seiner Mutter vorliegen – die Angemessenheit der Aufwendungen anhand der Anzahl der in der Gemeinschaft lebenden Personen überprüft. Insoweit hat auch das Bundessozialgericht in seiner Entscheidung vom 23.11.2006 zutreffend entschieden, dass in den Fällen, in denen eine Unterkunft von weiteren Personen genutzt werde, die nicht zur Bedarfsgemeinschaft gehören, die Zuordnung aus Praktikabilitätsgründen grundsätzlich unabhängig von Alter oder Nutzungsintensität entsprechend einer Aufteilung nach „Kopfzahl“ erfolge (Bundessozialgericht, Urteil vom 23.11.2006, B 11b AS 1/06 R, dokumentiert in Juris). Im hier zu erkennenden Fall kann nichts anderes gelten.
Eine Aufteilung nach Kopfzahl, sicher. Und eine Bedarfsberechnung für die Person, die Alg II beantragt hat - nur für sie, und damit wesentlich höher als in einer BG!
Das ist das Prinzip der WGs.
Die Auffassung des Antragstellers hätte zur Konsequenz, dass für den Fall, dass eine Bedarfsgemeinschaft zwischen einem Elternteil und einem 24jährigen Kind besteht, man am Tag des 25. Geburtstages des Kindes einen nunmehr erhöhten Bedarf an Leistungen für Unterkunft und Heizung annehmen müsste, weil ab diesem Zeitpunkt keine Bedarfsgemeinschaft mehr besteht, obgleich sich die tatsächlichen Wohnverhältnisse nicht geändert haben.
Wie klug erfasst, Herr Richter. Ja, das wäre sicher ganz entsetzlich. Eine Nicht-BG hätte es besser als eine BG. Dem muss man schnellstens entgegensteuern - indem man Nicht-BGs sofort BGs gleich(runter)setzt. Siehe das unsägliche Konstrukt weiter oben: "Die Wohngemeinschaft des Antragstellers ist mit einem typischen Zwei-Personen-Haushalt bestehend aus einer Bedarfsgemeinschaft zwischen zwei Personen vergleichbar."
Allein dieses Beispiel zeigt, dass Anknüpfungspunkt für die Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen auch im vorliegenden Fall ebenso wie bei einer aus zwei Personen bestehenden Bedarfsgemeinschaft nur ein Zwei-Personen-Haushalt sein kann. Ein unterschiedlicher Wohnbedarf, der eine andere Beurteilung rechtfertigen würde, besteht nicht.
Wieder die BG, die gar keine ist.
Zu berücksichtigen ist nach Auffassung der Kammer schließlich auch, dass der Antragsteller und seine Mutter ihre Lebensform frei gewählt haben, unter anderem auch vor dem Hintergrund finanzieller Vorteile einer gemeinsamen Wohnung durch Einsparung der Kosten, die aufgrund gemeinsamer Nutzung verschiedener Räume nicht in der Höhe anfallen, wie im Fall getrennter Wohnungen. Würde man dieser frei gewählten Lebensform gegenüber den vom Gesetzgeber als Bedarfsgemeinschaft zusammengefassten Personen generell einen erhöhten Wohnbedarf zugestehen, so käme es mangels rechtfertigendem sachlichen Grund zu einer gegen Art. 3 Grundgesetz (GG) verstoßenden Ungleichbehandlung.
Ach so, WGs handhaben das ja nicht so, gell? Alleine durch die Tatsache, die Wohnform frei gewählt zu haben, können wir jetzt BG-Maßstäbe anlegen ...
Was für niedrigste Standards BGs zugestanden werden, wissen wir alle.
Neu ist mir ein Richter, der diese Ungerechtigkeit einfach dadurch beseitigen will, indem er andere Wohnformen auf dieses niedrige Niveau setzt - und das ohne jede gesetzliche Grundlage.
Mich erinnert das an die unsägliche Debatte des "Lohnabstandsgebots" bei den derzeit niedrigen - teils Wucher- - Löhnen: man beseitigt diese "Ungerechtigkeit" doch am neoliberalsten, indem man die Sozialleistungen kürzt, gell?
"Ich fürchte mich nicht vor der Rückkehr der Faschisten in der Maske der Faschisten, sondern vor der Rückkehr der Faschisten in der Maske der Demokraten."