Verständnisprobleme mit dem Urteil des BSG zur WWB

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marsupilami

Verständnisprobleme mit dem Urteil des BSG zur WWB

#1

Beitrag von marsupilami »

Es geht um das Urteil http://www.alg-ratgeber.de/f29t471-bsg- ... r-1-8.html

Kommt mir jetzt nicht mit dem Spruch: Ist doch alles klar.
Ich bin nach dem durchackern (nur lesen reicht bei mir nicht) nicht viel schlauer als vorher.

Damit Ihr mitbekommt wo es bei mir hakt, will ich mal versuchen, das gelesene zu interpretieren bzw. "mein Ergebnis" darzulegen:

Klägerin/Kläger haben unter anderem dagegen geklagt, dass aus den Kosten der KdU generell ein Anteil Geld herausgerechnet wird für die Wwb (z.B. duschen oder baden, Heißwasser zum Abwasch).
Der Gesetzgeber und damit die beklagte ARGE und letztendlich die in diesem Fall entscheidenden Richter sind der Auffassung, dass es generell richtig ist, dass die Kosten für die Wwb bereits im Regelsatz enthalten sind und damit aus den KdU herauszurechnen sind.

Das Gericht hat entschieden, dass in diesem Fall die Berechnung des Abzugsbetrages Fehler durch die Beklagte (ARGE) gemacht wurden und hat den korrekten Abzugsbetrag berechnet und im Urteil festgehalten.

Immernoch meine Auffassung bzw. Interpretation:
hat das Gericht festgestellt, dass es schwierig ist, generell den exakten Betrag für die Wwb zu ermitteln und dass möglicherweise bei der Erfassung der Grundlagen für die Ermittlung einens Schätzbetrages der Kosten für die Wwb Fehler gemacht wurden.
Siehe Punkt 8 der Begründung:
... , sondern ein zu niedriger Durchschnittswert, der unter
Außerachtlassung des verbrauchsunabhängigen Strom-Grundpreises um einen (ansonsten vertretbaren)
Heizstromanteil von 15 % gekürzt worden sei.
Ist diese meine Interpretation dieses Urteils richtig?
Oder völlig falsch?
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Günter
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Re: Verständnisprobleme mit dem Urteil Wwb

#2

Beitrag von Günter »

Marsu, bei dem Urteil bekommt keiner eine klare Linie rein.

Unterscheide bitte nach zentraler/dezentraler Warmwasserbereitung.

Wenn Geräte zur verbrauchsabhängigen Erfassung des WW Verbrauches /Wasserzähler) vorhanden sind, dann ist nach den ermittelten Werten abzurechnen, da der Bürger die Chance hat seinen individuellen Verbrauch durch sein Verhalten zu beeinflussen.

Fehlend die Zähler, dann ist nach den Werten 6,22 € mal Regelsatzanteil und hochgerechnet auf den aktuellen Regelsatz zu operieren.

Die wichtigste Frage blieb ungeklärt, bzw ergibt sich aus dem Satz zu den Wasserzählern.

Wenn die WW Erzeugung dezentral z.B. mit Strom geschieht, reichen die 6,22 € (im Regelsatz enthaltener Anteil für die WW-Bereitung) nicht aus.

Keine Klärung der Frage ob dann Anspruch auf Übernahme erhöhter Kosten entsteht, sondern nur das unterschwellig Gesagte, wenn du nur einmal die Woche duschst, reicht das Geld. Oder wie die Richter etwas feinsinniger formulierten, du hast die Möglichkeit durch dein Verhalten den Verbrauch zu beeinflussen.
Warnhinweis: Einige meiner Beiträge können Spuren von Ironie enthalten.

Ich könnte freundlich, aber wozu? :6:
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Emmaly
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Re: Verständnisprobleme mit dem Urteil Wwb

#3

Beitrag von Emmaly »

Zum Teil kann man die Kosten beeinflussen.
Eine frage stellt sich mir: was ist mit der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben, wenn man auf Grund der steigenden Energiekosten seltener duschen kann?

Wichtig wäre eine genaue Verbrauchs- und Preisermittlung, nicht nur bei der Energie. Die EVP kann das nicht.

Mein Verbrauch an Energie (Heizung und Warmwasser) ist in den letzten Jahren gesunken und trotzdem habe ich mehr gezahlt. Mehr als 10 €/Monat :heul: im letztem Jahr
LG Emmaly
Alle von mir gemachten Angaben entsprechen meiner Lebenserfahrung und meinen Kenntnissen. Für die Richtigkeit wird nicht garantiert. Es findet keine Rechtsberatung statt. Sachfragen werden grundsätzlich nicht per E-Mail oder PN beantwortet.
marsupilami

Re: Verständnisprobleme mit dem Urteil Wwb

#4

Beitrag von marsupilami »

Günter, verzeih mir bitte, :guru: aber ich sehe meine Frage am Ende meines Postings durch Deine Ausführungen nicht beantwortet.

Gut, ich hab das mit den WW-Zählern überlesen.
Und das mit der zentralen/dezentralen WW-Bereitung auch.
Wenn Geräte zur verbrauchsabhängigen Erfassung des WW Verbrauches /Wasserzähler) vorhanden sind, dann ist nach den ermittelten Werten abzurechnen, da der Bürger die Chance hat seinen individuellen Verbrauch durch sein Verhalten zu beeinflussen.
Dann muss ich aber trotzdem jeden morgen erstmal kalt duschen, denn bis das warme Wasser aus der "zentralen WW-Bereitung" beim mir oben ankommt, bin ich durchgefroren und hab das "Warmwasser" schon längst gegen das Handtuch ausgetauscht.
Wenn Geräte zur verbrauchsabhängigen Erfassung des WW Verbrauches /Wasserzähler) vorhanden sind, dann ist nach den ermittelten Werten abzurechnen, da der Bürger die Chance hat seinen individuellen Verbrauch durch sein Verhalten zu beeinflussen.
Bedeutet für mich: wenn die Jahresabrechnung da ist, müsste ARGE eigentlich die komplette KdU der vorangegangenen Bewilligungsperiode(n) übernehmen (sofern der Verbrauch im angemessenen Rahmen liegt) bzw. diesen WW-Beitrag neu berechnen und entsprechend Rückzahlungs- bzw. Rückforderungsbescheide erstellen.
Jetzt kann man natürlich ellenlang darüber diskutieren, was angemessener WW-Verbrauch ist.
Der eine liebt es, wirklich lange und ausgiebig warm oder gar heiß zu duschen. Der andere ist mit einem kurzen, lauwarmen Guss zufrieden.
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Günter
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Re: Verständnisprobleme mit dem Urteil Wwb

#5

Beitrag von Günter »

Der Flehende hat geschrieben:Günter, verzeih mir bitte, :guru: aber ich sehe meine Frage am Ende meines Postings durch Deine Ausführungen nicht beantwortet.
Wenns denn sein muss. :ironie:

Aus der Urteilsbegründung
BSG hat geschrieben:Die Sozialhilfe wird dort als "Referenzsystem" für das SGB II
bezeichnet. Zum Zeitpunkt der Schaffung des SGB II bestand im Rahmen der Sozialhilfe keinerlei Zweifel daran,
dass die Kosten der Warmwasserbereitung dem Regelsatz und nicht den Kosten der Unterkunft zuzuordnen waren.
Dies folgt insbesondere aus § 1 Abs 1 der Regelsatzverordnung vom 21. Dezember 2000. Dort hieß es: "Die
Regelsätze umfassen die laufenden Leistungen für Ernährung, hauswirtschaftlichen Bedarf einschließlich
Haushaltsenergie sowie persönliche Bedürfnisse des täglichen Lebens ...". Zu dem dem Regelsatz zuzuordnenden
Bedarf zählte mithin die Position Haushaltsenergie, die (neben Stromverbrauch, Kochenergie, Beleuchtung ua)
insbesondere auch die Warmwasserbereitung umfasste (vgl BVerwG Beschluss vom 14. Januar 1998, 6 B 92/97;
VG München Urteil vom 25. November 2003 - M 6a K 03.66, OVG Lüneburg, Beschluss vom 27. Oktober 2003 - 4
ME 428/03). Dementsprechend wurde in der sozialhilferechtlichen Literatur zu § 27 Abs 1 SGB XII einhellig die
Meinung vertreten, die Kosten der Warmwasserbereitung würden vom Regelsatz umfasst (vgl nur Hofmann in LPK
SGB XII, 7. Aufl 2005, § 27 RdNr 15; Schellhorn in Schellhorn/Schellhorn Home, SGB XII, 17. Aufl 2006, § 29 RdNr
25). Auch im SGB II geht die herrschende Meinung in der Rechtsprechung der Sozialgerichte und der Literatur
davon aus, dass bereits unter Geltung des § 20 Abs 1 SGB II aF die Regelleistung die Kosten für Haushaltsenergie
umfasste (vgl LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 24. Mai 2007 - L 7 AS 3135/06 -; LSG Nordrhein-Westfalen,
Urteil vom 8. Februar 2007 - L 9 AS 14/06 -; Berlit in LPK SGB II, 2. Aufl 2007, § 22 RdNr 19; Karlhorn in
Hauck/Noftz, SGB II, Stand Oktober 2007, K § 22 RdNr 16; Lang in Eicher/Spellbrink, § 22 SGB II, 1. Aufl 2005, §
22 RdNr 34). Ebenso hat der 11b-Senat des BSG entschieden, die Kosten der Warmwasserzubereitung seien
bereits durch die Regelleistung abgegolten (s SozR 4-4200 § 20 Nr 3 RdNr 27). Bestätigt wird diese Auslegung des
BSG Urteil - 27.02.2008 - B 14/11b AS 15/07 R 5 / 8
Also ganz klar, die Kosten der WWB, egal wie hoch sind aus dem Regelsatz zu begleichen
Marsu hat geschrieben:Dann muss ich aber trotzdem jeden morgen erstmal kalt duschen, denn bis das warme Wasser aus der "zentralen WW-Bereitung" beim mir oben ankommt, bin ich durchgefroren und hab das "Warmwasser" schon längst gegen das Handtuch ausgetauscht.
Das ist ein technisches Problem. Das kalte Wasser in der Rohrleitung muss erst abfließen, außerdem dauert es je nach Gerät ein paar Sekunden, bis ein Sensor erfasst hat der Boss steht frierend unter der Dusche Leute schmeißt die Heizung an.

Zu dem Thema wurden bereits diverse Prozesse geführt, und die Rechtssprechung ist sehr uneinig wie lange du frieren musst. Nur über eins ist sich jeder einig, Mängel an der Mietsache gehen die ARGE nix an. Das betrifft nur das Vertragsverhältnis Mieter/Vermieter.

Und wen du diesen Zustand über einen längeren Zeitraum geduldet hast, ist dein Mietminderungsrecht den Bach runter.

BGB 535 fff http://www.gesetze-im-internet.de/bgb/index.html
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Ich könnte freundlich, aber wozu? :6:
marsupilami

Re: Verständnisprobleme mit dem Urteil Wwb

#6

Beitrag von marsupilami »

Das ist ein technisches Problem. Das kalte Wasser in der Rohrleitung muss erst abfließen, außerdem dauert es je nach Gerät ein paar Sekunden, bis ein Sensor erfasst hat der Boss steht frierend unter der Dusche Leute schmeißt die Heizung an.
Das ist mir klar. So viel Technik-Verständnis hab ich (noch).
Das ist für mich kein Streitpunkt. Das kenn ich aus der letzten Wohnung auch nicht anders.
Und ich bin der Auffassung, dass das, was mir da an kaltem Warmwasser "verloren" geht, ist angemessen.
Außerdem lass ich das kalte Wasser, das zuerst kommt, wenn ich warm duschen will, nicht einfach den Bach ... äh .... Abfluss runter. Da es normales, ordentliches Leitungswasser ist, kommt es in einen sauberen Eimer mit Deckel und wird dann - je nach "Frischegrad" - teilweise in sowieso abgekochter Form für die Tee- bzw. Essenszubereitung verwendet. Oder - bei "fortgeschrittener Lagerung" - für die Toilettenspülung.

Soso. Die Kosten der Wwb sind also aus dem Regelsatz zu bezahlen.
Aha.
Gut.
Danke für den Hinweis. :guru:

Und was ist mit dem Rest meiner Interpretation des Urteils?
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Günter
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Re: Verständnisprobleme mit dem Urteil Wwb

#7

Beitrag von Günter »

marsupilami hat geschrieben:
Und was ist mit dem Rest meiner Interpretation des Urteils?
Das mag dir der Weise aus der Stadt des Doms beantworten, ich weiß nicht was du überhaupt meinst.

Das Gericht sagt, In Fällen dezentraler WW Bereitung sind die wahren Kosten völlig schnurz, da sowohl die Haushaltsenergie, als auch die WWB aus em Regelsatz bezahlt werden.

In Fällen verbrauchsabhängiger Messung ist auch alle klar, der eHB hat die ermittelten Kosten zu tragen.

Und im Sonderfall (der ist nicht mehr von der Heizkostenverordnung gedeckt) 6,22 € x Prozentsatz des Regelsatzanteils.

Wenn es dir gelingt mir dein Problem mit dem Urteil zu erläutern, vielleicht hab ich ja noch eine Antwort. Es gelingt mir nicht vor anderen auf die Knie zu fallen, deshalb schenke ich mir den Smilie.
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Koelsch
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Re: Verständnisprobleme mit dem Urteil des BSG zur WWB

#8

Beitrag von Koelsch »

Ich hab mir das Urteil jetzt auch mal zu Gemüte geführt und seh da nix Neus drin. Das BSG hält an seiner Auffassung fest, Warmwasser ist im Regelsatz enthalten. Wenn das WW zentral zubereitet wird und damit Teil der Heizkosten wird, dann sind die Heizkosten zu kürzen, und zwar
- um die tatsächlichen WW Kosten, wenn diese durch Zähler etc. erfassbar sind
- um die wunderbar aufgedröselten Pauschalen von € 6,22 etc. etc., wenn die tatsächlichen Kosten nicht erfassbar sind.
Die schönen Überlegungen des LSG Sachsen werden der Sondermülltonne zugeführt.
Frei nach Hanns-Dieter Hüsch, ist der Kölner überhaupt zu allem unfähig. Er weiß nix, kann aber alles erklären.
Deshalb kann von mir keine Rechtsberatung erfolgen, auch nicht per e-mail oder PN.
marsupilami

Re: Verständnisprobleme mit dem Urteil des BSG zur WWB

#9

Beitrag von marsupilami »

Könnte man auch sagen:

Viel Wind um olle Kamellen?
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Koelsch
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Re: Verständnisprobleme mit dem Urteil des BSG zur WWB

#10

Beitrag von Koelsch »

marsupilami hat geschrieben:Könnte man auch sagen:

Viel Wind um olle Kamellen?
Na ja, so oll sind diese Kamelle nicht und eine Kamelle soll ja ein Weilchen reichen. Sogar für den Kölner Rosenmontagszug wurde doch angeregt, dass angesichts der Weltwirtschaftskrise jede Kamelle tunlichst von 3 - 4 Leuten gelutscht werden solle. Angesichts der 150 - 160 Tonnen Kamelle, die gestern geworfen wurden, beschlicht mich aber der leise Verdacht, dass nicht alle zuschauenden Jecken dieser Anregung Folge geleistet haben. :heul:
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