Notfall!!!Ein Thema, welches nirgends so richtig hineinpasst

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wudu2014
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Notfall!!!Ein Thema, welches nirgends so richtig hineinpasst

#1

Beitrag von wudu2014 »

Hallo an alle, die meinen Beitrag hier lesen.
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Es handelt sich um einen komplizierten Fall und wer dazu meint "selber schuld", mag durchaus recht haben.
Andererseits ist es auch leichter, mit dem Finger auf Andere zu zeigen, als hilfreiche Hinweise zu geben...
*
Eine gute Bekannte von mir war vor einigen Jahren (nach ihrer Scheidung) psychisch ziemlich am Ende und hat
versucht, mit Hilfe einer neuen Bekanntschaft wieder auf die Beine zu kommen. Leider ist sie dabei auf einen
Typen hereingefallen, den sie im Internet kennengelernt hat und mit dem der Kontakt ausschliesslich auf dieser
Ebene stattgefunden hat. Nach vielem Hin und Her war es dann wohl so, dass sie durchaus tiefe Gefühle für
diesen Mann entwickelt hat und deswegen auch Ungewöhnliches getan hat, um ihn nicht zu verlieren bzw. sich an ihn
wie an einen Strohhalm zu klammern. Kurz gesagt, er tischte ihr immer wieder Stories auf, die letztendlich auf
massiven Geldbedarf hinausliefen; er habe immer wieder Kredite von zwielichtigen Menschen aufnehmen müssen, um
kostspielige medizinische Behandlungen seiner Tochter finanzieren zu können. Er gab an, in Venezuela zu leben, dort
nun seine Arbeit verloren zu haben und nicht mehr in der Lage zu sein, diese Kredite zu bedienen.
Man habe ihm nun schon mit Angriffen auf sein Leben und das seiner Tochter gedroht, wenn er alle offenen Beträge
nicht endlich bezahlt. Es handelte sich hier nach seinen Angaben um einen Betrag von 30T Euro.
Natürlich hatte meine Bekannte dieses Geld nicht; sie verfügte über kleine Ersparnisse von ca. 3T Euro. In ihrer
Verzweiflung sprach sie mit mir über dieses Thema und bat mich, ihr zu helfen; alle Versuche, ihr das auszureden,
schlugen fehl und ich wollte sie letztendlich nicht im Stich lassen - vielleicht hatte sie ja doch trotz aller
Zweifel - jemanden kennengelernt, mit dem eine Zukunft möglich sein könnte. Und ich habe bei Geld nie diese komische
Einstellung gehabt, das es ein Tabu ist, über das man nicht spricht und bei dem die Freundschaft aufhört......
Also habe ich einen Vertrag gemacht und ihr damals 27T Euro in bar geliehen. Sicher, das war auch von mir ziemlich naiv - im Nachhinein gesehen.
Ich half ihr auch deswegen, weil sie mir die Rückzahlung glaubhaft in Aussicht stellen konnte: Durch die Scheidung
würde das ehemals gemeinsame Haus in absehbarer Zeit verkauft werden und ihr Anteil daran würde sicherlich reichen,
um mir dann das geliehene Geld zurückzubezahlen.
*
Leider kam es dann so, wie befürchtet - von diesem Typen hat sie dann nach Transfer des Geldes via Western Union nie mehr
etwas gehört und da sie sämtliche Unterlagen, Mails etc. dann in ihrer Wut und Enttäuschung vernichtet hat, gab es auch
nichts mehr, mit dessen Hilfe man hätte versuchen können, der Sache irgendwie nachzugehen. Sie dachte damals nicht daran,
auf dem Rechtsweg etwas zu versuchen - aus Scham und tiefer Enttäuschung.
*
Soweit die Vorgeschichte. Sie war nötig zum Verständnis des Folgenden.
*
Sie bezog in dieser Zeit ALGII und tat dies bis 02/2015 noch weiter. Im Herbst 2014 kam dann bezüglich Verkauf des Hauses
Bewegung in die Sache und es wurde ein Käufer gefunden. So wurde das Ganze dann abgewickelt und nach dem Verkauf Anfang 2015
erhielt sie dann knapp 29T auf ihr Konto als anteiligen Verkaufserlös. Sie hatte mir davon schon Ende 2014 erzählt und ich
freute mich natürlich, weil sie mir dann auch versprach, mir das geliehene Geld zurückzubezahlen.
Dies tat sie dann auch - sie hob am Tage, an dem das Geld eingegangen war, dieses komplett ab und gab es mir gegen Empfangs-
bestätigung zurück.
So schien für uns alles erledigt, zu diesem Thema.
*
Aber exakt Ende Februar kam dann ein Brief vom Jobcenter, in dem die Einstellung der Leistungen aufgrund Wegfall der Hilfs-
bedürftigkeit wegen dieses Vermögenszuflusses mitgeteilt und auch so vollzogen wurde. Das heisst, für den Monat März 2015
wurde nichts mehr bezahlt.
Die dann auf dem Beschwerdeweg gemachten Einwendungen führten auch nach zwei Wochen des Wartens zu keiner Reaktion, so dass
das Sozialgericht angesichts der existensbedrohenden Lage zwecks einstweiligem Rechtsschutz und Verpflichtung des JC zur
Weiterzahlung angerufen wurde. Nach einigem Hin und Her wurde die Sache nach einigen Wochen abgewiesen, da man die ganze
Sache mangels entsprechender Unterlagen als nicht glaubhaft und daher unbegründet wertete.
Hier war dann die Beschwerde beim Landessozialgericht möglich, die mit Hilfe eines Anwaltes dann auch dort erhoben wurde.
Aber auch dort wurde das Ganze vor einigen Tagen abgewiesen, mit ähnlichen Argumenten wie die des Sozialgerichtes.
Es hat nicht interessiert, dass es einen Kreditvertrag gibt und einen Beleg von mir über das zurückerhaltene Geld. Es wurde
auch bemängelt, dass es von meiner Seite nicht irgendwelche Einzahlungsbelege gibt; allerdings ist es meine Sache, was ich mit
dem Geld mache - ob ich es auf mein Konto einzahle oder nicht.
Jedenfalls ist gegen den Beschluss des LSG keine weitere Beschwerde möglich.
*
Es wird sich der Leser nun fragen, wovon meine Bekannte nun lebt, wovon sie ihre Miete bezahlt, ihre Krankenversicherung usw.
Dumm wie ich wohl bin (oder mitfühlend oder menschlich geblieben - man kann es nennen wie man will) helfe ich ihr jeden Monat,
damit sie die nötigsten Zahlungen und ihren Lebensunterhalt bestreiten kann.
*
Ich frage mich nur, trotz aller Dinge, die geschehen sind und die so nicht hätten geschehen dürfen: In welchem Land leben wir,
in dem jemand wie meine Bekannte schon auf der Strasse sitzen würde, nichts zu essen und zu trinken hätte, wenn ich nicht helfen
würde? Und wie blind sind Sozialgerichte, die nicht in der Lage sind, gewisse Situationen nachzuvollziehen, die im menschlichen
Miteinander durchaus so geschehen und die nirgends in irgendwelchen Gesetzestexten usw. punktgenau berücksichtigt sind??
*
Meine Bekannte hat nun persönlich beim JC einen Antrag auf Weiterbewilligung gestellt, da ich angesichts des unsicheren Ausgangs der Beschwerde beim Landessozialgericht klar gemacht habe, dass ich nicht gewillt bin, weiterhin Hilfe zu leisten. Für eine Zeit des Übergangs ja, aber mit Aussicht auf Ende dieser Verhältnisse.
Meine Einstellung zu Geld hat sich zwar nicht geändert, aber es geht mir hier ums Prinzip und um die Betonköpfe in Ämtern und Behörden, die gewisse Dinge nicht wahrhaben wollen.
Das ist nun auch wieder zwei Wochen her und bislang hat man vom Jobcenter noch nichts gehört.
*
Meine Frage ist nun: Was kann getan werden, um den Lebensunterhalt und die Miete meiner Bekannten wieder auf eine stabile Basis
zu stellen, ohne dass ich weiterhin Mnat um Monat einspringen muss? Es muss doch in diesem Land Einrichtungen bzw. Institutionen geben, an die sich jemand in einem solchen Fall wenden kann?
Tatsache ist doch, dass das Geld weg ist und definitiv die Hilfsbedürftigkeit besteht. Ich verstehe nicht, wie man hier so auf
stur schalten kann. Sicherlich wurden Fehler gemacht; aber das ist doch kein Grund, einem Menschen schlichtweg alles zu verweigern und ihn quasi durch das "soziale Netz" fallen zu lassen.
Es liegt nun auch nahe, die Frage nach einer Arbeit zu stellen, die meine Bekannte doch aufnehmen könnte. Das gestaltet sich
aufgrund ihrer mangelnden Qualifikation und ihres Alters von über 50 relativ schwierig; hinzu kommt, dass sie psychisch sehr
angeschlagen ist (wozu auch die Ereignisse in den letzten Monaten beigetragen haben) und körperlich nicht belastbar ist.
*
Ich hoffe, dass mir hier jemand ernst gemeinte Ratschläge geben kann, die sich von dem unterscheiden, was wir uns bislang schon
im Bekanntenkreis so anhören mussten.
*
Vielen herzlichen Dank aus Hamburg!!!!!
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kleinchaos
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Re: Notfall!!!Ein Thema, welches nirgends so richtig hineinpasst

#2

Beitrag von kleinchaos »

Leider kein Einzelfall :(

Anzeige erstatten gegen den Typen ist vielleicht noch möglich, wird aber vermutlich nicht viel bringen, wenn sie alles vernichtet hat. Einzig eine Eidesstattliche Versicherung könnte als Glaubhaftmachung dienen.

Blöd ist, dass sie im Leistungsbezug so dermaßen blauäugig war. Ihr muss doch bewusst gewesen sein, dass das Geld aus dem Hausverkauf komplett angerechnet wird. Einzig eine Grundbucheintragung hätte dein Geld sichern können.
Nun muss sie vom Erlös leben. Und es gibt im Sozialrecht den Passus, dass Schenkungen und Verkäufe sogar bis zu 10 Jahre rückwirkend rückabgewickelt werden können um den Erlös für den Lebensunterhalt zu verwenden.

Schaut euch doch mal um ob es irgendwo Selbsthilfegruppen zu dem Thema gibt. Vermutlich wenige, da die Scham oft sehr groß ist.

Für dich als Tipp: wenn du ihr jetzt monatlich Geld gibst, dann mach das als Darlehensvereinbarung. Ansonsten ist es für sie Einkommen und eine neue Antragstellung würde dieses Einkommen berücksichtigen. Gleichzeitig wäre Lebensunterhalt als Darlehen ein Druckpunkt für eine eventuelle neue Klage.
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Re: Notfall!!!Ein Thema, welches nirgends so richtig hineinpasst

#3

Beitrag von kleinchaos »

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Koelsch
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Re: Notfall!!!Ein Thema, welches nirgends so richtig hineinpasst

#4

Beitrag von Koelsch »

:willkommen: bei uns im Forum.

Ich befürchte, kleinchaos hat es recht genau auf den Punkt gebracht. Alle "aussichtsreichen" Schritte zur Sicherung Deines Geldes hätten erfolgen müssen, bevor zum ersten Mal ALG II beantragt wurde. Statt Absicherung im Grundbuch wäre auch ein notarielles Schuldanerkenntnis denkbar gewesen, ist vermutlich etwas billiger zu bekommen.

Derzeitige Situation:

Wenn Du nachweisen kannst (Kontoauszug wäre optimal, eidesstattliche Versicherung ist auch denkbar), dass Du Deine 26.000 als Darlehenstilgung zurück erhalten hast, dann ist da vermutlich nicht als Schenkung anzusehen. Damit könnte das JC nicht verlangen, dass dies zurück abgewickelt wird.

Mein Vorschlag wäre es, nochmal mit dem Anwalt zu sprechen (falls der einen vernünftigen Eindruck machte, sonst mal bei Selbsthilfegruppen nach einem anderen, guten Anwalt "forschen"), ob auf dieser Basis nicht eine erneuter Anlauf beim Sozialgericht möglich ist.

Man würde Deiner Freundin vermutlich erklären, sie habe ihre Hilfebedürftigkeit selbst hervorgerufen. Das aber ist kein Grund, ihr ALG II zu verweigern, es steht dann nur für die Zukunft die Möglichkeit der Rückforderung im Raum, falls sie noch mal zu Geld kommen sollte.
Frei nach Hanns-Dieter Hüsch, ist der Kölner überhaupt zu allem unfähig. Er weiß nix, kann aber alles erklären.
Deshalb kann von mir keine Rechtsberatung erfolgen, auch nicht per e-mail oder PN.
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Re: Notfall!!!Ein Thema, welches nirgends so richtig hineinpasst

#5

Beitrag von kleinchaos »

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