aus ALG-1 in die Selbstständigkeit

Rund ums Arbeitslosengeld und die Agentur für Arbeit
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Jagi
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aus ALG-1 in die Selbstständigkeit

#1

Beitrag von Jagi »

Hallo zusammen, :frieden1:

ich möchte für einen Bekannten, einem ALG-1- Bezieher, etwas fragen.

Zuerst die Vorgeschichte:

Der Betroffene ist seit einigen Monaten ALG-1 Empfänger. Vor ein paar Wochen fasste er die Idee, sich selbstständig zu machen, um den Bezug zu beenden. Zusammen mit einem anderen ALG-1 Bezieher sollte also eine kleine Firma gegründet werden.

Dafür erstellte er einen, in meinen Augen recht detaillierten und guten, Buisness-Plan per vorgefertigtem Excel-Skript. Den stellte er dann mitsamt seiner Geschäftsidee letzte Woche bei einem Gespräch seinem Sachbearbeiter vor.

Leider war die Reaktion eine ganz andere, als erhofft:

Noch während er seine Ideen vortrug, wurde ihm vom SB angedroht ihn "noch heute und hier aus dem ALG-1 Bezug auszutragen" (?), falls er beabsichtigen würde, sein Vorhaben weiter zu verfolgen.
Eine Art Förderung käme ohnehin nicht in Frage, weil eine Frist nicht eingehalten worden wäre ( ganz genau kann ich's leider nicht wiedergeben, aber es ging wohl um eine "150-Tage" Frist, die um 20 Tage verletzt wäre (?)).

Ohne jegliche Unterstützung durch das JC und leicht eingeschüchtert ging er also wieder nach Hause. :heul:

Meinen bescheidenen SGB Kenntnissen nach sollte es ihm das JC doch wenigstens ermöglichen, eine solche Tätigkeit aufzunehmen, während der ALG-1 Bezug(u.a. auch Krankenkasse) weiterläuft.
Selbstverständlich mit Verrechnung der (freiberuflichen) unternehmerischen Einkünfte mit dem ALG-1.
Aber nicht mal davon war von SB-Seite die Rede.


Meine Frage ist nun:

Macht der SB hier alles SGB-konform ?

Wie könnte der Betroffene sich aus dem ALG1 Bezug heraus freiberuflich selbstständig machen, ohne gleich alle Leistungen wie Krankenkassenleistungen zu verlieren ? (laut SB ja gar nicht)


LG Jagi
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Koelsch
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Re: aus ALG-1 in die Selbstständigkeit

#2

Beitrag von Koelsch »

:willkommen: bei uns im Forum

die 150 Tage ergeben sich aus § 93 Abs.1 Nr.2 SGB III, das scheint also korrekt zu sein.

Von daher also keine spezielle Förderung vom Arbeitsamt. Einzige Möglichkeit dort, dann aber mit anderem Businessplan, Beginn der Selbstständigkeit im Nebenwerwerb, also max 15 Stunden/Woche.

Die Arbeitszeit ist bei Selbstständigen ja schlecht nachweisbar :zwinker:

Anderer Businessplan deshalb, weil der alte Plan ja auf Vollzeit basiert.

JobCenter - ist 'ne Rechenaufgabe. Das würde zahlen 416 plus Miete. Wenn ALG I da deutlich drüber liegt also nicht empfehlenswert.

Nachteil bei ALG II - sobald er sich dort anmeldet, bekommt er eine "Sofortmaßnahme" auf's Auge gedrückt. Gerne ein sinnloses Bewerbungstraining o.ä.
Förderung zum Aufbau einer Selbstständigkeit - im Prinzip gibt es so was, aber die Handhabung ist von JC zu JC sehr unterschiedlich. Üblich ist "Kopfschütteln" beim JC, in all den Jahren habe ich nur 2 Ausnahmen kennengelernt.
Frei nach Hanns-Dieter Hüsch, ist der Kölner überhaupt zu allem unfähig. Er weiß nix, kann aber alles erklären.
Deshalb kann von mir keine Rechtsberatung erfolgen, auch nicht per e-mail oder PN.
Jagi
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Re: aus ALG-1 in die Selbstständigkeit

#3

Beitrag von Jagi »

Hallo Koelsch, :frieden1:

erstmal dankeschön, das sind ja gute Vorschläge...

Also wenn's mit Förderung nicht geht, scheinen mir die Optionen "Selbstständigkeit im Nebenwerwerb" und ALG-2 durchaus überlegenswert.
Werd' ich ihm gleich mal vorschlagen.

Sowohl bei der Nebenerwerbs-Variante als auch im ALG-2 würden die Einkünfte aus der freiberuflichen Tätigkeit dann mit den jew. Leistungen (ALG-1 bzw. Hartz 4) natürlich verechnet werden, oder ?
Stichwort "Freibetrag" (bei ALG-2 ja immerhin 150 euro, glaube ich ?!)

Danke und LG Jagi :bravo:
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Koelsch
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Re: aus ALG-1 in die Selbstständigkeit

#4

Beitrag von Koelsch »

Ja, es wird verrechnet.

Bei ALG I alles über € 165,00
Bei ALG II etwas komplizierter
100 Grundfreibetrag plus (Gewinn-100)*20% (etwas vergröbert)
Frei nach Hanns-Dieter Hüsch, ist der Kölner überhaupt zu allem unfähig. Er weiß nix, kann aber alles erklären.
Deshalb kann von mir keine Rechtsberatung erfolgen, auch nicht per e-mail oder PN.
Olivia
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Re: aus ALG-1 in die Selbstständigkeit

#5

Beitrag von Olivia »

Jagi hat geschrieben: Mi 18. Apr 2018, 20:20Sowohl bei der Nebenerwerbs-Variante als auch im ALG-2 würden die Einkünfte aus der freiberuflichen Tätigkeit dann mit den jew. Leistungen (ALG-1 bzw. Hartz 4) natürlich verechnet werden, oder ?
Keine Ahnung, wie das bei ALG I ist, aber bei ALG II gilt Folgendes: der Bekannte taucht mit Beginn der Selbständigkeit ins "System EKS" ein. Die ersten 100 Euro Gewinn pro Monat können anrechnungsfrei dazuverdient werden, alles ab 100 bis 1000 Euro wird zu 80% auf die Leistungen angerechnet und alles von 1000 bis 1200 Euro zu 90%. Alles darüber dann vollständig. Es muss jede einzelne Ausgabe mit Beleg nachgewiesen werden und es müssen vier Abrechnungen pro Jahr angefertigt werden: zwei Prognosen und zwei abschliessende Abrechnungen. Über die Ausgaben gibt es nicht selten Streit mit dem Jobcenter. Es erfolgen ständige Vorladungen durch das Jobcenter, um sich für die Selbständigkeit zu rechtfertigen. Die Vorladungen können zweiwöchentlich, monatlich, alle zwei Monate oder quartalsweise erfolgen. Wenn der Bekannte Glück hat, wird die Häufigkeit später etwas ausgedünnt.
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kleinchaos
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Re: aus ALG-1 in die Selbstständigkeit

#6

Beitrag von kleinchaos »

Bei ALG kann man im Nebenerwerb 165€ anrechnungsfrei verdienen. Was drüber ist wird angerechnet. Allerdings dürfen die 15 Wochenstunden definitiv nicht überschritten werden.

Ich hab es jetzt mehrfach erlebt, dass in unserem JC bei Erstantrag von Selbständigen die üblichen Geschichten mit ArbeitDirekt usw erstmal wegfallen, man muss natürlich bissel argumentieren und vor allem die Selbständigkeit als Vollzeit angeben. Dann schauen die zwar erstmal sparsam, aber was wollen sie machen? Meist geben sie dann 1 Jahr Zeit um deutliche Zuwächse zu sehen.
Es gibt auch Förderung, aber eben schwierig. Nicht nur Businesspläne werden gefördert, auch Existenzgründerkurse gibt es, auch wenn man schon Selbständig ist jedoch vielleicht paar Defizite bei Akquise, Buchhaltung etc hat. Man muss hartnäckig sein, dann klappt das auch hin und wieder.
"Freiheit nur für die Anhänger der Regierung, nur für Mitglieder einer Partei - mögen sie noch so zahlreich sein - ist keine Freiheit. Freiheit ist immer Freiheit der Andersdenkenden." Rosa Luxemburg
Jagi
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Re: aus ALG-1 in die Selbstständigkeit

#7

Beitrag von Jagi »

Hallo zusammen,

Danke euch allen für eure Erfahrungen und Tipps !

Habt mir sehr weitergeholfen.


LG u. THX
Jagi :bravo:
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