Mitwirkungspflicht einseitig?

Rund ums Arbeitslosengeld und die Agentur für Arbeit
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Die_Ueberforderte
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Mitwirkungspflicht einseitig?

#1

Beitrag von Die_Ueberforderte »

Hallo in die Runde !

Vielleicht kann da mal jemand drüber schauen ?

Bin damals zum 01.08.2014 arbeitslos geworden. Hab mich pflichtgemäß online + persönlich Arbeitssuchend gemeldet und sämtliche Anträge zum Ausfüllen mitbekommen. Der Antrag sollte ausschließlich vollständig eingereicht werden, was erst am 21.08.14 geschah, weil mein Ex-Arbeitgeber die Arbeitgeberbescheinigung erst mit der letzten Lohnabrechnung an diesem Tag zugesandt hat.

Den Antrag hab ich in Begleitung einer Zeugin in einem extra vom Arbeitsamt ausgehändigten Umschlag mit dem Aufdruck "Antragsunterlagen" am Abend des 21.08.14 im Hausbriefkasten der AfA eingeworfen.

Am 04.08.14 hatte ich meinen ersten Termin bei meiner Arbeitsvermittlerin. Dieser wurde von mir wahrgenommen und ich bewarb mich natürlich auch auf die mitbekommenen Vermittlungsvorschläge etc.

Soweit so gut - die Wochen vergingen. Es wurde Anfang September und ich stand ohne Geld da. Daraufhin hab ich persönlich sowie telefonisch versucht den Sachstand zu meinem Leistungsantrag zu erfahren, wurde aber abgewimmelt mit den Worten, ich solle mich gedulden, ständiges Nachfragen würde die Sache auch nicht beschleunigen...

Meinen Zahlungsverpflichtungen konnte ich somit nicht nachkommen - das interessierte aber niemanden.
Meine Post beschränkte sich auf Mahnungen, Vermittlungsvorschläge sowie einen Brief meiner Krankenversicherung, ich müsse mich freiwillig versichern, weil ich von meinem Ex-Arbeitgeber abgemeldet wurde und bereits 4 Wochen um sind....  Bewilligungsbescheid  Fehlanzeige.

Die Zeit verging weiter. Ich resignierte, verfiel (nicht zum ersten Mal in meinem Leben) in eine Depression und hab sodann gar nichts mehr auf die Kette bekommen. Mit meinem Briefkasten konnte ich mich nicht mehr auseinandersetzen...

Es wurde Februar 2015 bis mich meine Mutter aus Verzweiflung zur Arge schleppte, weil ich immer noch ohne Geld und Bewilligungsbescheid da stand. Zunächst versuchten auch die uns abzuwimmeln, weil sie sich für unzuständig hielten, aber m.Mutter hat nicht nachgegeben, zumal mein eigentlicher Alg1-Anspruch von 6 Monaten zeitlich sowieso bereits auch schon geendet hätte und ich in ALG2-Anspruch gefallen wäre. Somit bekam ich dann recht kurzfristig tatsächlich wenigstens von dort Geld, bis ich zum 01.05.16 endlich wieder eine Arbeitsstelle angetreten hab.

Ein Bewilligungsbescheid, geschweige denn eine Zahlung über ALG1 erfolgten nicht.

Die Zeit verging - Schulden hab ich ohne Ende - aber aus psychischen Gründen hab ich es nicht geschafft, die Sache aufzuarbeiten.

Aus Verjährungsgründen erhob meine Chefin nun am 31.12.18 Klage gegen die AfA zum Sozialgericht, woraufhin ich nun einen Bewilligungsbescheid der AfA erhielt und eine Nachzahlung von ALG1 über rund 1280,-€. Das Sozialgericht regte an, die Klage zurück zu nehmen und soweit der Bewilligungsbescheid falsch ist, Widerspruch dagegen einzulegen, was ich (fristwahrend erstmal ohne Begründung) getan habe.

In dem Bescheid sind Sperrzeiten aufgeführt, weil ich gegen meine Mitwirkungspflicht (Meldeversäumnis bei Arbeitsvermittlung am 29.09., 09.10. und 17.10.14) verstoßen habe. Ab 18.10.14 hat man mich wegen Unverfügbarkeit aus der Arbeitsvermittlung abgemeldet.

Muss/soll ich die Sperrzeiten und Abmeldung so hinnehmen? Hat das Arbeitsamt nicht auch sowas wie eine Mitwirkungspflicht? Man hat mich regelrecht in eine existenzgefährdende Situation gebracht und es hat niemanden interessiert, wie ich herum komme.

Macht es Sinn, Energie in die Widerspruchsbegründung zu stecken, oder soll ich den Sachverhalt auf sich beruhen lassen? Kann mir dazu jemand was raten?

Sorry für den langen Text. Vielen Dank im voraus.
Die Ueberforderte
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Koelsch
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Re: Mitwirkungspflicht einseitig?

#2

Beitrag von Koelsch »

Die_Ueberforderte hat geschrieben: Mi 20. Mär 2019, 16:36
In dem Bescheid sind Sperrzeiten aufgeführt, weil ich gegen meine Mitwirkungspflicht (Meldeversäumnis bei Arbeitsvermittlung am 29.09., 09.10. und 17.10.14) verstoßen habe. Ab 18.10.14 hat man mich wegen Unverfügbarkeit aus der Arbeitsvermittlung abgemeldet.

:willkommen: bei uns im Forum

Hast Du diese genannten 3 Einladungen tatsächlich bekommen?
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marsupilami
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Re: Mitwirkungspflicht einseitig?

#3

Beitrag von marsupilami »

:willkommen: im Forum.


Ich bin ein wenig irritiert.
Deine Cheffin hat für Dich geklagt?
Normalerweise kannst nur Du als Betroffene klagen.

Außer Du hast eine Vollmacht erteilt.


Hat denn das Gericht einen Hinweis gegeben, was da falsch sein könnte in diesem Bescheid?


Ein Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X wird bei Angelegenheiten in 2014 auch nicht greifen.
Welche Zeiträume werden bei Hartz IV- und Sozialhilfeempfängern bei einem Überprüfungsantrag berücksichtigt?
Grundsätzlich liegt die Höchstgrenze für den Zeitraum, für den man rückwirkende Leistungen geltend machen kann bei 4 Jahren. Für Betroffene, die ihre Leistungen im Rahmen von Hartz IV oder Sozialhilfe beziehen, gilt seit 01.04.2011 jedoch die Ein-Jahresfrist.

Das bedeutet, dass für den Betroffenen, der einen Überprüfungsantrag stellt und Leistungsempfänger im Sinne des SGB II oder SGB XII ist, bei Antragseingang bis beispielsweise 31.12.2016, längstens der Zeitraum bis 01.01.2015 berücksichtigt würde.
Quelle;https://www.hartziv.org/ueberpruefungsa ... sgb-x.html


Was ich mir vorstellen könnte: einen guten Sozialrechtsanwalt, der evtl. mit Falsch- oder Nicht-Beratung argumentiert und damit versucht, Dich und Deine Rechte in den "alten" Stand zu setzen, so dass Widerspruch bzw. Überprüfungsantrag eben doch greifen.
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Koelsch
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Re: Mitwirkungspflicht einseitig?

#4

Beitrag von Koelsch »

Sehr guter Ansatz
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kleinchaos
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Re: Mitwirkungspflicht einseitig?

#5

Beitrag von kleinchaos »

Kein Überprüfungsantrag, da es ja bis dieses Jahr gar keinen Bescheid gab. Also das übliche: Widerspruch und Klage
"Freiheit nur für die Anhänger der Regierung, nur für Mitglieder einer Partei - mögen sie noch so zahlreich sein - ist keine Freiheit. Freiheit ist immer Freiheit der Andersdenkenden." Rosa Luxemburg
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marsupilami
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Re: Mitwirkungspflicht einseitig?

#6

Beitrag von marsupilami »

Dann aber die Klage nicht zurücknehmen und PKH beantragen?
Thread-Ersteller*in ist juristischer Laie und gesundheitlich angeschlagen und hat Angst, noch mehr Fristen zu versäumen und dafür bestraft zu werden? Schon die jetzigen Schulden - letztendlich entstanden durch mangelhafte Beratung - sind kaum zu stemmen.
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Koelsch
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Re: Mitwirkungspflicht einseitig?

#7

Beitrag von Koelsch »

Deswegen ja ab zu 'nem fähigen Anwalt
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tigerlaw
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Re: Mitwirkungspflicht einseitig?

#8

Beitrag von tigerlaw »

@ marsu # 3 : Hier geht es um SGB III, und damit haben wir die "normale" Frist von vier Jahren für den § 44 SGB X!
Ich darf sogar beraten - bei Bedarf bitte PN!
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marsupilami
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Re: Mitwirkungspflicht einseitig?

#9

Beitrag von marsupilami »

Schön.
Thread-Ersteller*in nennt im Eingangs-Thread u.a. das Datum 18.10.2014, wo man sie aus der Vermittlung genommen hat.

Plus 4 Jahre, dann sind wir im Jahre des Herrn ..... ähhhhh ..... Kopfrechnen......so früh am Tag ...... bei round about 2018.

Was sagt der Kalender, welches Jahr haben wir gerade?
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Günter
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Re: Mitwirkungspflicht einseitig?

#10

Beitrag von Günter »

4 volle Kalenderjahre zählen rückwirkend vor dem 01.01. des laufenden Jahres.
Warnhinweis: Einige meiner Beiträge können Spuren von Ironie enthalten.

Ich könnte freundlich, aber wozu? :6:
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Koelsch
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Re: Mitwirkungspflicht einseitig?

#11

Beitrag von Koelsch »

:jojo: :jojo:
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marsupilami
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Re: Mitwirkungspflicht einseitig?

#12

Beitrag von marsupilami »

Also ab 31.12.2018 4 volle Jahre rückwärts.
2018 -> 1
2017 -> 2
2016 -> 3
2015 -> 4

Wir sind also mit der Zeitmaschine am 01.01.2015 gelandet.
Ist das richtig so?
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Koelsch
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Re: Mitwirkungspflicht einseitig?

#13

Beitrag von Koelsch »

:jojo: :jojo:
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Re: Mitwirkungspflicht einseitig?

#14

Beitrag von marsupilami »

Dann kann doch aber nur der Bescheid/Klage der Cheffin aus 2018 angegriffen werden.

Alles was vor 01.01.2015 ist doch im Prinzip den Bach runter.

Also doch Anwalt.
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kleinchaos
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Re: Mitwirkungspflicht einseitig?

#15

Beitrag von kleinchaos »

Wenn der Bescheid für diese Jahre bzw für 2014 erst 2018 oder 2019 kam, dann gilt Widerspruch ab Bescheiderhalt. Oder Überprüfungsantrag bis 1 Jahr nach Bescheiderhalt
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