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BSG - B 4 AS 19/17 R - Lernförderung bei Lese- und Rechtschreibschwäche

Verfasst: Mi 4. Jul 2018, 18:12
von Koelsch
Auf die Revision des beklagten Jobcenters ist das Urteil des LSG aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen gewesen. Auch wenn der Auffassung des LSG, dass für eine über eine längere Zeit andauernde Maßnahme bei einer Lese-Rechtschreibschwäche (LRS) Leistungen der Lernförderung nach § 28 Abs 5 SGB II zu gewähren sein können, grundsätzlich zuzustimmen ist, reichen die von ihm getroffenen Feststellungen zu einer abschließenden Entscheidung nicht aus.

Dass Lernförderung nach § 28 Abs 5 SGB II ohne Rücksicht auf Kompetenzfragen mehr als nur Nachhilfe und nicht nur kurzzeitige Maßnahmen umfasst, folgt aus der Auslegung dieser Vorschrift im Lichte des Urteils des BVerfG vom 9.2.2010 (- 1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09, 1 BvL 4/09 – BVerfGE 125, 175), in dessen Umsetzung sie geschaffen wurde.

Hinsichtlich der Bewertung des LSG, dass das nach schulrechtlichen Bestimmungen zu erreichende wesentliche Lernziel nicht die Versetzung ist, sondern die Kulturtechniken Lesen und Schreiben sind, ist ihm zuzustimmen. Zur näheren Beurteilung der LRS des Klägers, seiner Ansprüche und der Geeignetheit des besuchten Unterrichts ist vom aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand auszugehen (vgl AWMF-Leitlinie "Diagnostik und Behandlung von Kindern und Jugendlichen mit Lese- und / oder Rechtschreibstörung"). Dies aufzuklären wird das LSG nachzuholen haben. Zur Konkretisierung möglicher Leistungen der Lernförderung nach § 28 Abs 5 SGB II bei LRS sind auch die ggf in Betracht kommenden Leistungen der Eingliederungshilfe nach § 35a SGB VIII und nach §§ 53 ff SGB XII in den Blick zu nehmen.

Volltext: http://juris.bundessozialgericht.de/cgi ... n&nr=15514