AG Hamburg 12 C 214/17 Anscheinsbeweis des E-Mail-Zugangs

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kleinchaos
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AG Hamburg 12 C 214/17 Anscheinsbeweis des E-Mail-Zugangs

#1

Beitrag von kleinchaos »

Gerichte kennen kaum einen rechtssicheren Beweis für den Zugang einer E-Mail. In Zeiten der fortschreitenden Digitalisierung eigentlich ein Unding.
Das AG Hamburg hat dazu geurteilt:
Ausdruck aus Postausgangssystem zum Abruf der E-Mail vom Mailserver auf E-Mail-Konto des Empfängers begründet Anscheinsbeweis zum Zugang der E-Mail
Beweis des Absendens der E-Mail begründet kein Anscheinsbeweis zum Zugang

Ein Ausdruck aus dem Postausgangssystem des Absenders einer E-Mail, wonach die versendete E-Mail vom Mailserver auf das E-Mail-Konto des Empfängers abgerufen wurde, begründet einen Anscheinsbeweis zum Zugang der E-Mail. Jedoch stellt der Beweis des Absendens der E-Mail keinen Anscheinsbeweis zum Zugang dar. Dies hat das Amtsgericht Hamburg entschieden.

In dem zugrunde liegenden Fall machte die Klägerin in einem Verfahren zur Zahlung einer Entschädigung wegen einer Flugverspätung auch Verzugszinsen geltend. Sie führte dazu an, dass sie im Juli 2017 eine E-Mail an die Fluggesellschaft geschickt habe, mit der sie unter Fristsetzung bis zum 26.07.2017 zur Zahlung der Entschädigung aufgefordert habe. Die Klägerin ging aufgrund dessen von einem Verzug seit dem 27.07.2017 aus und verlangte Zinsen ab diesem Zeitpunkt. Die Fluggesellschaft erkannte zwar die Forderung der Klägerin bezüglich der Entschädigungszahlung an, stritt aber ab je die E-Mail erhalten zu haben.

Anspruch auf Verzugszinsen seit dem 27.07.2017
Das Amtsgericht Hamburg entschied zu Gunsten der Klägerin. Ihr stehe gemäß §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB ein Anspruch auf Verzugszinsen seit dem 27.07.2017 zu, da die beklagte Fluggesellschaft ab diesem Zeitpunkt mit der Zahlung der Entschädigung in Verzug gewesen sei. Die E-Mail der Klägerin sei der Beklagten zugegangen.

Anscheinsbeweis zum Zugang der E-Mail
Zwar ergebe sich ein Beweis des ersten Anscheins für den Eingang der E-Mail in der Mailbox des Empfängers nicht bereits dann, wenn der Erklärende die Absendung der E-Mail beweisen könne. Die Vorlage der E-Mail reiche daher nicht aus, um deren Zugang nachzuweisen. Allerdings habe die Klägerin durch Vorlage eines Ausdrucks aus ihrem Postausgangssystem die Bestätigung des Abrufs der E-Mail von dem Mailserver auf das E-Mail-Konto der Beklagten dargelegt. Diese Eingangsbestätigung setze den Anschein der ordnungsgemäßen Ablieferung der Erklärung bei der Beklagten, so dass ein Anscheinsbeweis für den Zugang begründet werde. Diesen Anscheinsbeweis habe die Beklagte nicht erschüttern können.

© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 24.10.2018
Quelle: Amtsgericht Hamburg, ra-online (vt/rb)

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Zuletzt geändert von Wampe am Fr 28. Jun 2019, 03:33, insgesamt 1-mal geändert.
Grund: Rechtschreipunk in der Überschrift korrigiert
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