BSG Keine Obergrenze für Klassenfahrten B 14 AS 36/07 R

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Günter
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BSG Keine Obergrenze für Klassenfahrten B 14 AS 36/07 R

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Beitrag von Günter »

BUNDESSOZIALGERICHT Urteil vom 13.11.2008, B 14 AS 36/07 R

Arbeitslosengeld II - Sonderbedarf - mehrtägige Klassenfahrt - keine Beschränkung auf Höchstbetrag - Schulrecht

4) Die Sprungrevision des Beklagten hatte keinen Erfolg. Zu Recht hat das SG entschieden, dass den Klägern die geltend gemachten Kosten für die Klassenfahrten in voller Höhe als Zuschuss zustanden. § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 3 SGB II räumt den jeweils betroffenen Schülern einen eigenständigen Anspruch ein, der unabhängig von der Höhe der sonstigen Grundsicherungsleistungen isoliert auf seine Rechtmäßigkeit zu überprüfen ist. Es handelte sich hier jeweils um mehrtägige Klassenfahrten im Rahmen der schulrechtlichen Bestimmungen. Hinsichtlich der landesrechtlichen Bestimmungen des Berliner Schulrechts ist der Senat gemäß § 162 SGG an die Auslegung des Landesrechts durch die Tatsacheninstanzen gebunden. Die Beteiligten haben im Übrigen nie in Zweifel gezogen, dass die beiden Klassenfahrten den schulrechtlichen Bestimmungen des Landesrechts entsprachen. Entgegen der Rechtsansicht der Revision ist der Beklagte nicht befugt, für die Kosten der Klassenfahrten einen Höchstbetrag (etwa 400 Euro für Auslandsfahrten etc) festzusetzen. Wortlaut, systematische Stellung der Norm und Gesetzgebungsgeschichte lassen keinen anderen Schluss zu, als dass im Rahmen des SGB II die Kosten für Klassenfahrten in voller Höhe zu übernehmen sind. § 23 Abs 3 Nr 3 SGB II enthält - anders als das SGB II an zahlreichen anderen Stellen - keine Einschränkung der Höhe der Kostenübernahme durch das Kriterium der Angemessenheit. § 23 Abs 3 Sätze 4 und 5 SGB II erlauben ausdrücklich eine Pauschalierung der Kosten nur für die beiden anderen in § 23 Abs 3 Nr 1 und Nr 2 SGB II genannten Bedarfe (Erstausstattung von Wohnungen etc). § 23 Abs 3 Nr 3 SGB II (Kosten für Klassenfahrten) wird hingegen hier nicht erwähnt. Schließlich hat der Gesetzgeber der Referenzvorschrift des § 31 SGB XII im Sozialhilferecht deutlich zum Ausdruck gebracht, dass die Klassenfahrten zur Vermeidung sozialer Ausgrenzung in voller Höhe zu tragen sind. Der Senat verkennt nicht, dass im Verhältnis zu anderen Leistungen des SGB II hier eine gewisse - finanzielle - Privilegierung des sozialen Sachverhalts Klassenfahrt durch den Gesetzgeber stattgefunden hat. Eine Korrektur ist jedoch nur dem Gesetzgeber selbst - auch im Rahmen der schulrechtlichen Bestimmungen - möglich.

SG Berlin - S 103 AS 7827/07- - B 14 AS 36/07 R -
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Ich könnte freundlich, aber wozu? :6:
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