BSG Sperrzeit Erziehungsgemeinschaft B 11a/7a AL 52/06 R

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Günter
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BSG Sperrzeit Erziehungsgemeinschaft B 11a/7a AL 52/06 R

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Beitrag von Günter »

BUNDESSOZIALGERICHT Urteil vom 17.10.2007, B 11a/7a AL 52/06 R

Arbeitslosengeldanspruch - Sperrzeit - Arbeitsaufgabe - wichtiger Grund - Zuzug zum nichtehelichen Lebenspartner - erstmalige Herstellung einer Erziehungsgemeinschaft für ein nicht gemeinsames Kind - Kindeswohl - eheähnliche Gemeinschaft - gemeinsamer Wohnsitz

Leitsätze

Die erstmalige Herstellung einer ernsthaften und auf Dauer angelegten Erziehungsgemeinschaft durch Zuzug mit dem minderjährigen Kind zum nichtehelichen Partner bildet unabhängig davon, ob es sich bei dem Partner um ein leibliches Elternteil handelt, einen wichtigen Grund iS des Sperrzeitrechts, wenn Gründe des Kindeswohls dies erfordern (Weiterentwicklung von BSG vom 12.11.1981 - 7 RAr 21/81 = BSGE 52, 276 = SozR 4100 § 119 Nr 17).

Tatbestand

Keine Sperrzeit bei Herstellung einer Erziehungsgemeinschaft!

Die Klägerin kündigte ihr Arbeitsverhältnis als Verkäuferin in Heidenheim zum 31. August 2004, um mit ihrer 14-jährigen Tochter zu ihrem Verlobten, den sie im Jahr 2001 kennengelernt hatte, nach Gladbeck zu ziehen. Die Beklagte lehnte den Antrag auf Arbeitslosengeld für einen Zeitraum von zwölf Wochen ab, weil eine Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe eingetreten sei.

Die Klage hatte in den Vorinstanzen Erfolg. Das Landessozialgericht ist der Auffassung gewesen, dass die Klägerin sich für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses auf einen wichtigen Grund berufen könne. Zwar sei ein konkreter Hochzeitstermin noch nicht absehbar gewesen. Zwischen der Klägerin und ihrem Verlobten habe jedoch bereits zum Zeitpunkt der Kündigung auch ohne das Vor­handensein einer gemeinsamen Wohnung eine eheähnliche Gemeinschaft bestanden. Außerdem komme dem Umstand besondere Bedeutung zu, dass der Umzug auch der Herstellung einer Erzie­hungsgemeinschaft gedient habe.

Der 11a. Senat des Bundessozialgerichts hat am 17. Oktober 2007 auf die Revision der Beklagten im Verfahren B 11a/7a AL 52/06 R den Rechtsstreit an das Landes­sozialgericht zurückverwie­sen. Ent­gegen der Rechtsansicht des Landessozialgerichts gehört das Innehaben einer gemeinsamen Woh­nung zu den notwendigen Voraussetzungen für das Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft. Deshalb kann der Zuzug zum nichtehelichen Lebenspartner zwecks erstmaliger Begründung einer eheähnlichen Gemeinschaft keinen wichti­gen Grund für die Lösung des Beschäfti­gungsverhältnisses im Sinne des Sperrzeitrechts begründen. Jedoch kann die erstmalige Herstellung einer ernsthaften und auf Dauer angelegten Erziehungs­gemeinschaft, dh der Zuzug der Klägerin mit dem minderjähri­gen Kind zum nicht­ehelichen Part­ner, einen wichtigen Grund bilden, wenn Gründe des Kindes­wohls dies erfordern. Hiervon ist insbesondere auszugehen, wenn durch den Zuzug eine Verbesserung der Unterbringung, Verpflegung oder Be­treuung des Kindes ge­währ­leistet ist. Der Senat erweitert insoweit die bisherige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, die einen wichtigen Grund im Sinne des Sperrzeitrechts bisher nur beim Zuzug zum Vater oder der Mutter eines gemeinsa­men Kindes aner­kannt hat. Der Rechtsstreit war insoweit zwecks weiterer Feststellun­gen zurück­zuverweisen.



Hinweis zur Rechtslage:
§ 144 Abs 1 Nr 1 SGB III

(1) Hat der Arbeitslose
1. das Beschäftigungsverhältnis gelöst oder durch ein arbeitsvertragwidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben und hat er dadurch vorsätzlich oder grobfahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt (Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe),

2. ...

ohne für sein Verhalten einen wichtigen Grund zu haben, so tritt eine Sperrzeit ein.



Az.: B 11a/7a AL 52/06 R O. ./. Bundesagentur für Arbeit
Warnhinweis: Einige meiner Beiträge können Spuren von Ironie enthalten.

Ich könnte freundlich, aber wozu? :6:
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