Darf das Jobcenter so tiefgreifend forschen und befragen?

Hilfe bei der Antragstellung und dem ALG II Bescheid
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Luftaufsicht
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Darf das Jobcenter so tiefgreifend forschen und befragen?

#1

Beitrag von Luftaufsicht »

Hallo zusammen,

zunächst wünsche ich euch allen ein schönes neues Jahr 2019.

Ein Bekannter hat sich die Tage an mich gewandt mit der Bitte um Hilfe:

Zunächst kurzer Werdegang:

Eckdaten: ALG II Grundsicherung + KdU
Kein Job, nur ALG II

-Jobcenter bittet um Kontoauszüge der letzten 3 Monate
-Kontoauszüge werden eingereicht
-Plötzlich Geldsperre
-Brief von Jobcenter: Bitte erklären warum ständig an Vermieter höhere Summen gezahlt werden, Vermieter stückelweise den überzahlten Betrag wieder zurücküberweist und/oder an den Vermieter Stückelbeträge gezahlt werden bis die Miethöhe erreicht wurde
(Hier ist anzumerken, dass Vermieter der Vater ist, und die erhöhten Zahlungen und Rückzahlungen getätigt werden, um die Konten des ALG-Empfängers gebührenfrei zu halten. Mündliche Absprache von Sohn und Vater--->Mieter zu Vermieter
Ab und zu werden auch Gelder eingezahlt die die Mutter dem Sohn ALG Empfänger gibt um dass er Online über ebay gekaufte Waren der Mutter für sie online bezahlt. Beispiel : Sie hat für 100 Euro was eingekauft, sie gibt ihm das mit dem Auftrag, die für sie online zu begleichen, weil sie das nicht kann)


-Klage beim Sozialgericht /
-Erinneungsschreiben

Der Brief vom Jobcenter sinngemäß ausführlicher:

sehr geehrter Herr xy,
mit Schreiben vom habe ich Sie gebeten bei abschließender Klärung Ihres Anspruches mitzuwirken. Folgende unterlagen liegen noch nicht vor:
-Schriftl Erklärung und Nachweise zu dem im Schreiben xyz genannten Einzahlungen

a) Bitte angeben, bei welchen Zahlungen es sich um Darlehen der Eltern handelt und Darlehensverträge in Kopie einreichen
b) schriftliche Erklärung wieso so viele Transfers zwischen Ihnen und dem Vermieter nötig waren (höher als 15 im August 2018). Das Ziel der Mietzahlungen hätte auch mit einer einzigen Überweisung erledigt werden können.
c) Nachweise der Konditionen bei Ihren Banken, dass bei den und den Zahlungen die Konten gebührenfrei bleiben (Im Internet konnten wir das bis jetzt nicht finden)

Reichen Sie die Unterlagen bis dann und dann ein....
Ohne vollständige Unterlagen kann Versagung von Leistungen passieren...,
Mit freundlichen Grüßen


Das Jobcenter kommt wahrscheinlich mit den vielen Zahlungen nicht klar. Normalerweise kennt man das ja so, dass wenn miete 500 Euro, diese 500 Euro auch jeden Monat ganz normal abgehen... Hier in diesem Fall war es angeblich so, dass die Miete Jahrelang erst mal 300 Euro waren und seit Anfang 2016 auf 450 erhöht wurde. Jobcenter ignorierte trotz WBA Korrektur diese erhöhte Summe und zahlte weiter nur 300. Um das Konto des ALG II Empfängers gebühtrenfrei zu halten werden ständig um die 1200 Euro an den Vermieter gezahlt , dieser zahlt die überzsahlten Beträge wieder zurück, manchmal so dass er 300 einbehält oder auch mal 450 einbehält. Wenn er 450 einbehält hat der ALG II Empfänger 150 Miese. Also 150 weniger zum leben (Abzug von der Regelleistung)...

So geht das ständig hin und her, bis jetzt der Geldhahn zu ist und diese Erklärungen gefordert werden.

Jetzt erst kommen meine Fragen, die ich eigentlich stellen will:

Darf das Jobcenter so tiefgreifend überhaupt fragen?
Ist das nicht zu viel des guten?
Wo steht geschrienben, wie die Mietzahlungen an den Vermieter in einem Betrag bezahlt werden müssen?
Wo steht geschrieben dass Eltern mit Ihren Söhnen keine Absprache zu treffen haben...?
Kennt sich jemand mit der Jobcenter-Durchführungsverordnung aus?
Wie sollte man am besten bei der Antwort dieses Problems vorgehen?

Es wird von Euch um Hilfe gebeten
Vielen dank
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Koelsch
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Re: Darf das Jobcenter so tiefgreifend forschen und befragen?

#2

Beitrag von Koelsch »

Es steht nirgends, dass die Mietzahlungen in einer Summer erfolgen müssen. Ich vermute aber sehr stark, dass das JC bei der Fülle der Zahlungen und Rückzahlungen defintiv nicht mehr durchblickt. Und da ist es nur mal dere Pflicht, das zu klären, und es ist die Pflicht des eLB die Klärung herbeitzuführen.

Eine ganz andere Frage aber ist, ob jemals die Einstellung der Leistungen angedroht wurde. Nur dann dürfte JC einfach den Hahn zudrehen.
Frei nach Hanns-Dieter Hüsch, ist der Kölner überhaupt zu allem unfähig. Er weiß nix, kann aber alles erklären.
Deshalb kann von mir keine Rechtsberatung erfolgen, auch nicht per e-mail oder PN.
Luftaufsicht
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Re: Darf das Jobcenter so tiefgreifend forschen und befragen?

#3

Beitrag von Luftaufsicht »

Nach meinen Erkenntnissen nach ist die Einstellung von Leistungen nicht angedroht worden. Kann ich mir allerdings nicht vorstellen, denn bei jeder Anfrage sendet sie doch die sanktionsandrohung mit wenn man der MITWIRKUNGSPFLICHT nicht nachkommt.

Meine Überlegung ist , wann endet die Motwirkungspflicht?

Also bis wohin kann da JC Infos einfordern und ab wann ist Schluss damit
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angel6364
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Re: Darf das Jobcenter so tiefgreifend forschen und befragen?

#4

Beitrag von angel6364 »

Bei Geldeingängen auf dem Konto gibts wohl kein "Ende". Die müssen glaubwürdig und belegbar erklärt werden.
"Ich fürchte mich nicht vor der Rückkehr der Faschisten in der Maske der Faschisten, sondern vor der Rückkehr der Faschisten in der Maske der Demokraten."
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Re: Darf das Jobcenter so tiefgreifend forschen und befragen?

#5

Beitrag von Olivia »

Das Jobcenter fordert zu Recht, dass mehr als 15 Einzelüberweisungen pro Monat für Miete mit mehreren Rücküberweisungen aus der Familie erklärt werden.

Dass Konto sollte schlicht und ergreifend zu einem Gratiskonto gewechselt und die Miete in einem Betrag bezahlt werden. Dann hören die Probleme auf.
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Günter
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Re: Darf das Jobcenter so tiefgreifend forschen und befragen?

#6

Beitrag von Günter »

Ich sag mal so, wer im Jahr 14 nach Einführung des ALG II immer noch nicht kapiert hat, dass das JC bei jeder Kontobewegung Einkommen und Sozialbetrug wittert, dem ist nicht mehr zu helfen.



Ich würde eine Excel-Tabelle erstellen mit jeder Kontobewegung und zu jedem Geld Zu- und Abfluss einen sauberen Kommentar erstellen.

Dazu eidesstattliche Erklärungen der Eltern, dass die Rücküberweisungen ausschließlich dazu dienten, für die Banken einen höheren Geldzufluss vorzutäuschen um das Konto gebührenfrei zu halten. Damit das nicht sofort auffällt, wurden die Beträge willkürlich geändert.
Warnhinweis: Einige meiner Beiträge können Spuren von Ironie enthalten.

Ich könnte freundlich, aber wozu? :6:
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friys
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Re: Darf das Jobcenter so tiefgreifend forschen und befragen?

#7

Beitrag von friys »

Luftaufsicht hat geschrieben: Di 1. Jan 2019, 22:01 Ohne vollständige Unterlagen kann Versagung von Leistungen passieren...,
§ 66 SGB I (1) Folgen fehlender Mitwirkung. "Kommt derjenige, der eine Sozialleistung beantragt oder erhält, seinen Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 62, 65 nicht nach und wird hierdurch die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert, kann der Leistungsträger ohne weitere Ermittlungen die Leistung bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz oder teilweise versagen oder entziehen, soweit die Voraussetzungen der Leistung nicht nachgewiesen sind. Dies gilt entsprechend, wenn der Antragsteller oder Leistungsberechtigte in anderer Weise absichtlich die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert."
Luftaufsicht hat geschrieben: Mi 2. Jan 2019, 00:23 Nach meinen Erkenntnissen nach ist die Einstellung von Leistungen nicht angedroht worden.
Oben genannte Formulierung verstehe ich sehr wohl als Drohung, wenngleich "Leistung bis zur Nachholung" angibt, dass die einbehaltene Leistung nachgeholt werden kann. "Eine Entziehung oder Versagung von Leistungen kann nur erfolgen, wenn der Kunde schriftlich unter Fristsetzung zur Mitwirkung aufgefordert wurde (§ 66 Abs. 3 SGB I)", so aus dem "Handbuch der Leistungssachbearbeitung (HaLeiSa)" BA-Zentrale PEG 23 Seite 22 von 273.

Anfangs hatte ich auch monatlich eine Geldsumme von meinem Girokonto auf ein anderes eigenes Girokonto überwiesen, um die Girokonten gebührenfrei zu halten. Trotz Vermerk "Umbuchung" im Verwendungszweck der Überweisung kam das Jobcenter damit nicht sofort klar. Erst nach schriftlicher Erläuterung und eindeutiger Beweisführung gab sich das Jobcenter zufrieden und wertete die Zahlungseingänge nicht als Einkommen.
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marsupilami
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Re: Darf das Jobcenter so tiefgreifend forschen und befragen?

#8

Beitrag von marsupilami »

Das Grundübel ist wohl das Konto bei der Bank bzw. der dort gewählte "Tarif"!
Es scheint so zu sein, dass entweder ein bestimmter monatlicher Mindestumsatz über das Konto laufen muss bzw. eine Mindestanzahl an Buchungen.

Das aber ergibt sich aus den AGB's der Bank zu diesem Konto.
Das mal als erstes abstellen, notfalls eine andere Bank aussuchen.


Nächster Punkt, der mir aufgefallen ist:
"Ab und zu werden auch Gelder eingezahlt die die Mutter dem Sohn ALG Empfänger gibt um dass er Online über ebay gekaufte Waren der Mutter für sie online bezahlt. Beispiel : Sie hat für 100 Euro was eingekauft, sie gibt ihm das mit dem Auftrag, die für sie online zu begleichen, weil sie das nicht kann."

Klingt jetzt grob und böse, aber mir rollen sich da die Fußnägel.
Wenn die gute Frau online Waren bestellen kann, dann kann sich auch online bezahlen.
Derartige Bankvorgänge über das Konto - Bareinzahlung, dann Überweisungen - müssen sofort abgestellt werden.
Bei sowas muss doch jedes JC aufwachen!!
Wenn die Mutter das tatsächlich nicht selber schafft, dann soll der Sohn ihr helfen, die Bezahlvorgänge direkt vom Konto der Mutter/Eltern durchzuführen.

Ansonsten haben Koelsch und angel schon alles geschrieben.
Es führt wohl kein Weg dran vorbei, anhand der Unterlagen (Kontoauszüge, Bescheide vom JC, Rückfragen vom JC) eine schriftliche, plausible Erklärung aufzusetzen und die einzureichen.

Auch ein Gericht wird bei einer Klage bei solchen Vorgängen ohne plausible Erklärung nachfragen und im Prinzip die gleichen Fragen stellen wie das JC.


Was mir noch aufgefallen ist: Du sprichst von einem Darlehen.
Auch unter Verwandten sollten im Falle von ALG II-Bezug einer der Parteien ein ordentlicher Darlehensvertrag schriftlich abgeschlossen werden.

Jetzt - nachdem schon Rückfragen im Raum stehen - einen Vertrag aufzusetzen, den womöglich auch noch rückdatieren, ist kontraproduktiv.


Die beiden ersten Fragen aus dem Eingangsposting haben Koelsch und angel schon beantwortet.

3. Frage - Miete gestückelt zahlen - geht im Prinzip, ist nirgendwo festgelegt.
Nach kurzer Recherche habe ich auch im BGB nichts dazu gefunden.
https://www.gesetze-im-internet.de/bgb/__535.html sagt nur, dass Miete zu zahlen ist.
Üblich ist aber a) ein schriftlicher Mietvertrag, in dem Einzelheiten geregelt sind und b) eine Einmal-Zahlung zum Monatsbeginn.
Logisch dass ein JC mißtrauisch wird, wenn da zu diesem Thema 15 Buchungsvorgänge in einem Monat ablaufen.

4. Frage: Absprachen - sind mündliche "Verträge", die das JC mangels Schriftform nicht prüfen kann und deshalb wohl nicht anerkennt.
Das war aber schon immer so. Insbesondere bei Absprachen zwischen Verwandten schalten die auf stur.

5. Frage: unabhängig von den JC-Durchführungsverordnungen wird in diesem Einzel-Fall - wo das Kind wohl schon im Brunnen gelandet ist - nichts anderes übrig bleiben als zu Kreuze zu kriechen oder einen Anwalt einzuschalten.

6. Frage: ohne Akteneinsicht oder zumindest Vorlage ALLER Bescheide, Rückfragen, .... wird da vermutlich kein roter Faden reinzubringen sein.
Der Fragesteller soll Dir alle Unterlagen vorlegen, aufschreiben, wann er gegenüber dem JC was gemacht, geschrieben, .... hat.
Denn ich vermute, dass er von den Anträgen, seinen Schreiben, etc. keine Kopien hat.
Signatur?
Muss das sein?
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