L 12 AS 1702/09 - keine Erstausstattung, möbliertes Zimmer

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Emmaly
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L 12 AS 1702/09 - keine Erstausstattung, möbliertes Zimmer

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Beitrag von Emmaly »

Landessozialgericht Baden-Württemberg

Urteil vom 18.12.2009 (nicht rechtskräftig)



Sozialgericht Freiburg S 3 AS 477/08

Landessozialgericht Baden-Württemberg L 12 AS 1702/09



Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 12. Februar 2009 abgeändert und die Klage in vollem Umfang abgewiesen.

Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.


Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Leistungen für Erstausstattungen für die Wohnung einschließlich Haushaltsgeräten.

Die 1986 geborene Klägerin bezog mit ihren Eltern und Geschwistern bis März 2007 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II). Am 1. März 2007 nahm sie eine dreijährige Berufsausbildung als Köchin auf, die sie am 1. August 2008 nach einmonatiger Unterbrechung bei einem anderen Ausbildungsbetrieb fortsetzte. Neben ihrer Ausbildungsvergütung (505 EUR brutto im ersten Lehrjahr) bezog sie Berufsausbildungsbeihilfe von der Bundesagentur für Arbeit in Höhe von 106 EUR monatlich.

Auf Antrag auf Erteilung einer Kostenzusage für eine eigene Wohnung vom 20. Juli 2006 bestätigte die Beklagte mit Bescheid vom 27. Juli 2006, dass sie grundsätzlich einverstanden sei und erwarte, dass ein möbliertes Zimmer mit einer Grundmiete bis maximal 252,90 EUR angemietet werde. Entspreche das Zimmer den Vorgaben, werde die Miete als notwendiger Bedarf anerkannt. Der hiergegen gerichtete Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 23. Januar 2007 zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Beklagte entsprechend der gesetzlichen Vorschriften in § 22 Abs. 2 und Abs. 2a SGB II der Klägerin für den Falle eines Umzugs die Übernahme der angemessenen Aufwendungen zugesagt habe. Der kommunale Träger habe entschieden, dass für unter 25 Jahre alte Personen, die den elterlichen Haushalt verließen und deren Umzugswunsch anerkannt werden, ein möbliertes Zimmer den Bedarf angemessen decke.

Am 22. August 2007 zog die Klägerin in eine unmöblierte Wohnung mit einer Größe von 36 qm in F., L. die sie zunächst bis 15. Februar 2008 mit einer Untermieterin teilte. Am 30. August 2007 beantragte sie eine Erstausstattungspauschale. Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 19. Oktober 2007 ab, da die Klägerin eine Kostenzusage für ein möbliertes Zimmer erhalten habe, sie jedoch eine unmöblierte Wohnung angemietet habe.

Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 25. Januar 2008 zurück. Eine Kostenzusage für die tatsächlich angemietete Wohnung sei nicht erteilt worden, sondern nur der Bedarf für ein möbliertes Zimmer anerkannt worden. Vor Abschluss des Mietvertrags sei keine neue Zusicherung eingeholt worden, hiervon könne auch nicht abgesehen werden.

Am 30. Januar 2008 hat die Klägerin zum Sozialgericht Stuttgart (SG) Klage erhoben. Sie trägt vor, dass die Beklagte selbst einräume, dass bei schwerwiegenden sozialen oder sonstigen Gründen eine Bereitstellung erfolgen müsse. Die Klägerin habe sich mit ihrer fast volljährigen Schwester ein kleines Zimmer teilen müssen, die Arbeits- und Schlafzeiten hätten eklatant kollidiert. Das Beschäftigungsverhältnis sei beinahe gefährdet gewesen, die Klägerin habe Sonderurlaub wegen Erschöpfung bekommen. Dieser Zustand habe nur mittels einer eigenen Wohnung beendet werden können. Der Mietvertrag habe sofort unterschrieben werden müssen. Die Klägerin sei mit Luftmatratze, Schlafsack und Büchern ausgezogen. Sie benötige Waschmaschine, Spiegelschränkchen, vollständige Küchenausstattung, Bett mit Matratze, Federbett, Decke, Bettbezüge, Kleiderschrank, Wohnzimmerschrank, Wohnzimmergarnitur, Schreibtisch mit Drehstuhl, zwei Teppiche, zwei Deckenlampen, Fernseher mit DVD und vieles mehr und begehre eine Pauschale in Höhe von 1.700 EUR.

Mit Urteil vom 12. Februar 2009 hat das SG die Beklagte verurteilt, der Klägerin Erstausstattungsleistungen für die Grundausstattung der Küche, ein Bett mit Matratze, eine Bettdecke, Kissen und Bezüge, einen Kleiderschrank, einen Wohnzimmerschrank, eine Wohnzimmergarnitur, einen Schreibtisch mit Drehstuhl und einen Fernseher zu gewähren und im Übrigen die Klage abgewiesen. Die Leistungen nach § 23 Abs. 3 Satz 1 SGB II würden auch erbracht, wenn Hilfebedürftige keine Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts benötigten, den Bedarf nach Satz 1 jedoch aus eigenen Kräften und Mitteln nicht decken könnten (§ 23 Abs. 3 Satz 3 SGB II). Die Klägerin sei wegen ihrer Berufsausbildung grundsätzlich nicht leistungsberechtigt für laufende Leistungen (§ 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II), aufgrund ihrer Einkommenssituation sei sie auch nicht in der Lage, den Bedarf auf Erstausstattung aus eigenen Kräften und Mitteln voll zu decken. Der Anspruch sei auch nicht wegen § 23 Abs. 6 SGB II ausgeschlossen. Danach würden in den Fällen des § 22 Abs. 2a SGB II Leistungen für Erstausstattungen für die Wohnung nur erbracht, wenn der kommunale Träger die Übernahme der Leistungen für Unterkunft und Heizung zugesagt habe oder vom Erfordernis der Zusicherung abgesehen werden könnte. An einer Zusicherung hinsichtlich der konkreten Mietkosten und auch für eine unmöblierte Wohnung fehle es. Hierauf komme es jedoch nicht an, da § 22 Abs. 2a und § 23 Abs. 6 SGB II nur Anwendung fänden, wenn der Hilfebedürftige unter 25 Jahren auch aktuell im Leistungsbezug nach dem SGB II stehe oder einen Leistungsantrag gestellt habe bzw. in der Absicht umgezogen sei, die Leistungsvoraussetzungen herbeizuführen. Hätte der Gesetzgeber eine Einschränkung bei der Erstausstattung für Personen unter 25 Jahren gewollt, hätte er dies ausdrücklich im Rahmen des § 23 Abs. 3 Satz 3 SGB II aufnehmen müssen.

Erstausstattung sei bedarfsbezogen zu verstehen, orientiert am Verbraucherverhalten und dem Lebenszuschnitt auch unterer Einkommensgruppen. Eine Verweisung auf die Anschaffung gebrauchter Möbel sei grundsätzlich nicht zu beanstanden. Anspruch auf eine Pauschale i.H.v. 1.700 EUR bestehe nicht, der Grundsicherungsträger habe ein Wahlrecht, ob er die Sachen als Geld- oder Sachleistung erbringe. Die Klägerin habe aber Anspruch auf Erstausstattungsleistungen für die tenorierten Gegenstände. Kein Anspruch bestehe auf eine Waschmaschine, da die Klägerin als Einzelperson in nahegelegenen Waschsalons waschen könne. Teppiche könnten nicht gewährt werden, da in der Wohnung bereits Parkett verlegt sei. Ein Bedarf für ein Spiegelschränkchen bestehe nicht, da ein solches in der Wohnung vorhanden sei, Lampen habe die Klägerin von einer Freundin zur Verfügung bekommen. Ein DVD-Player sei ein verzichtbares Luxusgut. Der Anspruch sei im Hinblick auf die Einkommensverhältnisse der Klägerin in Form eines Zuschusses zu leisten.

Gegen das ihrem Bevollmächtigten am 8. April 2009 zugestellte Urteil richtet sich die am 14. April 2009 eingelegte Berufung der Klägerin. Sie begehrt nunmehr eine Erstausstattungspauschale in Höhe von 2.500 EUR und macht geltend, nur Leistungen in Geld, keine gesundheitsschädlichen Sachleistungen zu wollen. Sie sei erneut umgezogen (zum 1. März 2009), weshalb sich die Situation stark verändert habe. Damals sei der Bedarf nicht befriedigt worden. Wegen des langen Zeitraums habe die Klägerin Geld angespart und diversen notwendigen Hausrat selbst erworben. Es zähle aber der damalige Bedarf beim Einzug in die erste Wohnung. Weil die Beklagte keine Leistungen erbracht habe, sei eine Ermessensreduzierung auf Null eingetreten.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 12. Februar 2009 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 19. Oktober 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25. Januar 2008 zu verurteilen, ihr eine Erstausstattungspauschale in Höhe von 2.500 EUR zu gewähren, hilfsweise, zu verpflichten, über ihren Antrag auf Gewährung von Leistungen zur Erstausstattung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden sowie die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 12. Februar 2009 abzuändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen sowie die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Die Beklagte hat gegen das ihr am 9. April 2009 zugestellte Urteil am 28. April 2009 Berufung eingelegt. Sie ist der Auffassung, dass gemäß § 23 Abs. 6 i.V.m. § 22 Abs. 2a SGB II kein Anspruch auf Erstausstattungsleistungen bestehe. Die Klägerin habe die Zusicherung nicht eingeholt, dies sei auch nicht entbehrlich gewesen. Sie habe wohl die Voraussetzungen für die Erteilung einer Zusicherung erfüllt, aber zu keinem Zeitpunkt einen wichtigen Grund für die Entbehrlichkeit dieser Zusicherung nachgewiesen. Hilfsweise werde geltend gemacht, dass nicht alle vom SG zugesprochenen Gegenstände von § 23 Abs. 3 SGB II erfasst seien. Ein Fernsehgerät gehöre zum notwendigen Lebensunterhalt nach § 20 SGB II als Bestandteil der Regelleistung, wenn es in vertretbarem Umfang den Beziehungen zur Umwelt und der Teilnahme am soziokulturellen Leben diene. Der Erstbeschaffungsbedarf nach § 23 Abs. 3 Nr. 1 SGB II umfasse alle Einrichtungsgegenstände und -geräte, die für eine geordnete Haushaltsführung erforderlich seien. Ein Fernsehgerät diene aber nicht der Haushaltsführung, weshalb eine Berücksichtigung nach § 23 Abs. 3 Nr. 1 SGB II ausgeschlossen sei. Der Bedarf an Schreibtisch und Drehstuhl könne als Werbungskosten in Zusammenhang mit der Einkommenserzielung berücksichtigt werden, wenn die Notwendigkeit für die Berufsausbildung nachgewiesen werde. Zum Grundbedarf, der dem Lebensstandard unterster Einkommensbezieher entspreche, gehörten diese Gegenstände nicht. Auch eine Couchgarnitur zähle nicht hierzu. Zudem stelle sich aus der konkreten Wohnsituation die Frage, wie in einem Zimmer Bett, Stühle, Tisch, Schränke und die Couch Platz haben sollten. Über die aktuell noch verbleibenden Bedarfe nach erneutem Umzug der Klägerin sei der Beklagten nichts bekannt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten und die Gerichtsakten beider Rechtszüge verwiesen.


Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin hat keinen, die Berufung der Beklagten vollen Erfolg.

Die Berufungen von Klägerin und Beklagter sind form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) eingelegt worden sowie statthaft (§ 143 SGG), da der Wert des Beschwerdegegenstands 750 EUR übersteigt (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG). Allein die Berufung der Beklagten ist indes begründet, denn die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung von Leistungen für Erstausstattungen der Wohnung einschließlich Haushaltsgeräten.

Die Beklagte als eine nach § 44b SGB II in der Fassung des kommunalen Optionsgesetzes vom 30. Juli 2004 (BGBl. I S. 2014) gebildete Arbeitsgemeinschaft ist beteiligtenfähig nach § 70 Nr. 2 SGG (vgl. Bundessozialgericht (BSG) SozR 4-4200 § 22 Nr. 1 = BSGE 97, 217). § 44b SGB II ist ungeachtet seiner Verfassungswidrigkeit bis zum 31. Dezember 2010 weiterhin anwendbar (Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in BVerfGE 119,331).

Gegenstand des Verfahrens ist allein der geltend gemachte Anspruch der Klägerin auf Leistungen für die Erstausstattung der Wohnung, den die Beklagte mit dem angefochtenen Bescheid abgelehnt hat. Insoweit handelt es sich um einen eigenständigen abtrennbaren Streitgegenstand (vgl. BSG, Urteil vom 1. Juli 2009 - B 4 AS 77/08 R - (juris)).

Richtige Klageart ist die Anfechtungs- und Leistungsklage, hilfsweise Verpflichtungsklage in Form der Bescheidungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 SGG). Dabei ist der Antrag der Klägerin dahingehend auszulegen, dass neben der Zahlung einer Pauschale von 2.500 EUR hilfsweise die Verpflichtung der Beklagten zur Neubescheidung begehrt wird, denn die von der Klägerin allein gewünschten Geldleistungen können sowohl konkret für einzelne Gegenstände als auch in Form einer Pauschale erbracht werden. § 23 Abs. 3 Satz 5 SGB II räumt dem Grundsicherungsträger ein Auswahlermessen dergestalt ein, dass er die Leistung als Geld- oder Sachleistung, auch in Form von Pauschalbeträgen erbringen kann. Der Grundsicherungsträger hat daher sein Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten (§ 39 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) und § 54 Abs. 2 Satz 2 SGG). Ein Rechtsanspruch auf eine ganz bestimmte Leistung besteht dagegen nur, wenn eine sogenannte Ermessensreduzierung auf Null eingetreten ist (vgl. BSG, Urteil vom 1. Juli 2009, a.a.O.).

Die Klägerin hat - entgegen der Auffassung des SG - schon dem Grunde nach keinen Anspruch auf Erstausstattungsleistungen, denn sie unterliegt dem Leistungsausschluss des § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II. Es liegt auch kein Härtefall i.S.v. § 7 Abs. 5 Satz 2 SGB II vor.

Nach § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 und 3 SGB II sind Leistungen für Erstausstattungen der Wohnung einschließlich Haushaltsgeräten nicht von der Regelleistung umfasst. Sie werden gesondert erbracht und zwar auch dann, wenn Hilfebedürftige keine Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung benötigen, den Bedarf nach Satz 1 jedoch aus eigenen Kräften und Mitteln nicht voll decken können. Die Leistungen nach § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 und 2 SGB II können als Sachleistung oder Geldleistung, auch in Form von Pauschalbeträgen erbracht werden (Satz 5 der Vorschrift).

Die Leistungserstreckung in Abs. 3 Satz 3 SGB II auf aktuell für laufende Leistungen nicht hilfebedürftige Personen kann indes nicht so verstanden werden, dass damit auch Ansprüche begründet werden für Personen, die von einem grundsätzlichen Leistungsausschluss betroffen sind. Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut ("wenn Hilfebedürftige keine Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts benötigen") und der Systematik. So hat der Gesetzgeber in § 22 Abs. 7 Satz 1 SGB II ausdrücklich eine Ausnahmeregelung getroffen, indem er "abweichend von § 7 Abs. 5" für Auszubildende einen Zuschuss zu den Kosten für Unterkunft und Heizung normiert hat. § 23 Abs. 3 SGB II enthält keine derartige ausdrückliche Regelung. Ob und in welcher Form hier tatsächlich ein Bedarf bei der Klägerin an Leistungen für Erstausstattungen der Wohnung besteht, kann angesichts des Leistungsausschlusses nach § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II dahinstehen.

Ebenso bedarf es aus dem genannten Grund keiner Entscheidung darüber, ob § 23 Abs. 6 SGB II im Hinblick auf eine fehlende Zusicherung nach § 22 Abs. 2a SGB II dem Anspruch entgegen steht. Angesichts der grundsätzlichen Haltung der Beklagten, Zusicherungen nach § 22 Abs. 2a SGB II mit der Auflage der Anmietung eines möblierten Zimmers zu verbinden, merkt der Senat nur ergänzend an, dass für eine derartige Auflage keine Rechtsgrundlage vorhanden sein dürfte (vgl. § 32 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X), Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) in BVerwGE 104, 331; Engelmann in von Wulffen, SGB X, 5. Aufl., § 32 Rdnr. 7).

Nach § 7 Abs. 5 SGB II haben Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (BAföG) oder der §§ 60 bis 62 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) dem Grunde nach förderungsfähig ist, keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (vgl. BSG SozR 4-4200 § 7 Nr. 8). Eine Ausnahme hiervon gilt nur für die in § 7 Abs. 6 SGB II genannten Auszubildenden, wobei die Vorschrift im vorliegenden Fall nicht einschlägig ist. Die Klägerin absolviert seit 1. März 2007 mit einer Unterbrechung im Juli 2008 eine Ausbildung zur Köchin. Dabei handelt es sich um eine dem Grunde nach gemäß §§ 60 bis 62 SGB III förderungsfähige – und hier auch konkret durch Berufsausbildungsbeihilfe geförderte – Ausbildung. Anders als in Einrichtungen Untergebrachte (vgl. § 7 Abs. 4 SGB II) sollen Auszubildende, die eine nach dem SGB III oder BAföG förderungsfähige Ausbildung absolvieren, nicht von allen Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen sein, sondern nur von denen der Hilfe zum Lebensunterhalt. Der Gesetzgeber wollte insoweit inhaltsgleich die Regelung des bis 31. Dezember 2004 geltenden § 26 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) übertragen (so zur Begründung des im Wortlaut mit § 7 Abs. 5 SGB II identischen § 22 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch: BT-Drucks. 15/1514 S. 57). Hintergrund dieser Regelung ist, dass über Grundsicherungsleistungen keine dritte Säule der Ausbildungsförderung neben BAföG und SGB III eröffnet werden soll (vgl. zur Sozialhilfe: BVerwG, Urteil vom 17. Januar 1980 - 5 C 48/78 - FEVS 28, 309).

In der Rechtsprechung des BVerwG war seit Jahrzehnten geklärt, dass der Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt für Auszubildende, deren Ausbildung dem Grunde nach förderungsfähig ist, nur für einen ausschließlich ausbildungsgeprägten Bedarf ausgeschlossen ist (vgl. BVerwGE 61, 352; 71, 12). Der Gesetzgeber hat in Ansehung des identischen Wortlauts der Vorschriften und der ständigen Rechtsprechung des BVerwG zur Differenzierung zwischen ausbildungsgeprägtem und sonstigem Bedarf offensichtlich in Kauf genommen, den Leistungsausschluss insoweit zu begrenzen (vgl. BSG SozR 4-4200 § 7 Nr. 6). Nicht ausbildungsbezogen sind Umstände, die von der Ausbildungssituation unabhängig sind und herkömmlicherweise mit der Ausbildung nichts zu tun haben. Hierzu zählen besondere, in der Person des Hilfesuchenden liegende Umstände wie Behinderungen, Krankheiten, Schwangerschaft, Kindererziehung und Kinderpflege (vgl. BVerwGE 71, 12). Bei derartigen, nicht ausbildungsbezogenen Bedarfslagen muss der Grundsicherungsträger einspringen, auch wenn die Leistungen gemäß ihrer Zuordnung nach dem SGB II Hilfe zum Lebensunterhalt sind wie z.B. die Leistungen nach § 21 Abs. 2, 3 und 5 SGB II (vgl. BSG SozR 4-4200 § 7 Nr. 6; Spellbrink in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl., § 7 Rdnr. 91 ff.; Brühl/Schoch, LPK-SGB II, 2. Aufl., § 7 Rdnr. 99).

Haushaltsgegenstände gehörten dagegen schon nach der Rechtsprechung des BVerwG zum ausbildungsgeprägten Bedarf mit der Folge eines Leistungsausschlusses nach § 26 Satz 1 BSHG (vgl. BVerwG, Beschluss vom 13. Mai 1993 – 5 B 47/93 - (juris)). Dies gilt nach Auffassung des Senats auch für die Erstausstattungen nach § 23 Abs. 3 Nr. 1 SGB II. Zwar differenziert hier das SGB II zwischen Erstausstattungen für die Wohnung einschließlich Haushaltsgeräten, die nach § 23 Abs. 3 SGB II zusätzlich zu leisten sind und Ersatzbeschaffungen für entsprechende Möbel oder Hausrat, welche im Rahmen der stärkeren Pauschalierung der Leistungen Bestandteil der Regelleistung nach § 20 Abs. 1 SGB II sind, während nach dem BSHG entsprechende Leistungen insgesamt als einmalige Beihilfen gewährt wurden. Diese Differenzierung ändert indes nichts an der grundlegenden Einstufung als ausbildungsgeprägter Bedarf. Denn auch die Bedarfslage für Erstausstattungen der Wohnung ist nicht durch besondere, von der Ausbildung unabhängige Umstände im oben dargestellten Sinn bedingt (ebenso Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 16. Juli 2009 – L 25 AS 1031/09 B ER - (juris); a.A. Peters in Estelmann, SGB II, § 7 Rdnr. 97). Es handelt sich vielmehr geradezu um einen typischen Lebenssachverhalt, dass entsprechende Bedarfe für Erstausstattungen im Zusammenhang mit Ausbildungen auftreten, etwa wenn zur Aufnahme eines Studiums das Elternhaus verlassen wird. Der Leistungsausschluss des § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II erfasst daher auch die Leistungen nach § 23 Abs. 3 Nr. 1 SGB II.

Die Klägerin hat auch unter dem Gesichtspunkt einer besonderen Härte i.S.v. § 7 Abs. 5 Satz 2 SGB II keinen Anspruch auf Gewährung eines Darlehens für die begehrte Erstausstattung. Ein besonderer Härtefall liegt dann vor, wenn außergewöhnliche, schwerwiegende und atypische Umstände vorliegen, die einen zügigen Ausbildungsverlauf oder einen in Kürze bevorstehenden Abschluss verhindern oder eine sonstige Notlage verursachen (vgl. BSG SozR 4-4200 § 7 Nr. 8; Spellbrink in Eicher/Spellbrink, a.a.O., § 7 Rdnr. 100 ff.). Hier sind keinerlei Gesichtspunkte für eine besondere Härte ersichtlich, die Klägerin hat hierzu auch nichts vorgetragen. Insbesondere wirkt sich die Frage der Erstausstattung vorliegend nicht auf den Fortgang der Ausbildung aus.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
http://www.sozialgerichtsbarkeit.de/sgb ... sensitive=
LG Emmaly
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