Wenn ein unter 25jähriger zwecks Arbeitsaufnahme und damit verbundener Unabhängigkeit von der ARGE aus dem elterlichen Haushalt auszieht benötigt er keine Auszugserlaubnis von der ARGE.
Auch im Fall der Kündigung aus diesem Arbeitsverhältnis ist ihm ein Umzug zurück in die elterliche Wohnung nicht mehr zuzumuten.
1. Die Antragsgegnerin wird im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes verpflichtet dem Antragsteller Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II unter Berücksichtigung der vollen Regelleistung in Höhe von 347 EUR sowie den tatsächlich nachgewiesenen Kosten der Unterkunft ab dem 02.01.2008 bis zu einer bestandskräftigen oder rechtskräftigen Entscheidung längstens jedoch bis 02.07.2008 zu gewähren. 2. Die Antragsgegnerin hat die außergerichtlichen Kosten des Antragstellers zu erstatten.
Gründe:
Die Beteiligten streiten im Verfahren auf einstweiligen Rechtsschutz darüber, in welcher Höhe der Antragsteller Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) hat.
Der am ... geborene Antragsteller wohnte bis 31.10.2006 bei seiner Mutter in ... und bezog Job Center ... Leistungen nach dem SGB II, zuletzt in einer Höhe von 86,06 EUR monatlich.
Am 23.10.2006 schloss der Antragsteller einen am 24.10.2006 beginnenden, unbefristeten Arbeitsvertrag mit der Firma ... - künftig: R ... - (Bl. 45 - 49 der Gerichtsakte). Noch am gleichen Tag schloss der Kläger einen Mietvertrag mit dem ... (fubz) über ein Zimmer in der ... Die Miete beträgt 300 EUR (Bl. 18 - 19 der Verwaltungsakte).
Am 01.11.2006 erfolgte sodann der Umzug des Klägers nach ... Dort meldete sich der Antragsteller am 01.12.2006 amtlich zum 01.11.2006 an (Bl. 17 der Verwaltungsakte).
Ebenfalls am 01.12.2006 beantragte der Antragsteller bei der Antragsgegnerin Leistungen nach dem SGB II. Dieser Antrag wurde vom Antragsteller erst am 05.03.2007 bei der Antragsgegnerin abgegeben.
Am 12.12.2006 erfolgte gegenüber der Antragsgegnerin eine Mitteilung durch einen Mitarbeiter des fubz, dass der Kläger bis 13.12.2006 krankgeschrieben sei und nicht an der ihm angebotenen "TRIO" Fortbildungsmaßnahme teilnehmen könne (Bl. 20 der Verwaltungsakte).
Unter dem Datum 15.03.2007 ist ein Aktenvermerk über ein Gespräch mit einem Mitarbeiter der Firma R ... dokumentiert, wonach das Arbeitsverhältnis des Antragstellers zum 24.11.2006 geendet habe (Bl. 24 der Verwaltungsakte).
Mit Bewilligungsbescheid vom 15.03.2007 bewilligte die Antragsgegnerin dem Antragsteller Leistungen für die Zeit vom 05.03.2007 bis 30.09.2007. Hierbei wurde als Bedarf lediglich eine Regelleistung von 276 EUR (= 80 % der Regelleistung des § 20 SGB II) zu Grunde gelegt. Kosten der Unterkunft wurden von der Antragsgegnerin nicht berücksichtigt. Zur Begründung führte die Antragsgegnerin aus, "Kinder" unter 25 bedürfen vor einem Umzug aus der elterlichen Wohnung der Zustimmung des kommunalen Leistungsträgers. Dem Kläger stünden daher nur noch 80 % der Regelleistung zu. Kosten der Unterkunft könnten nicht übernommen werden (Bl. 58- 61 der Verwaltungsakte).
Am 28.03.2007 erließ die Antragsgegnerin einen Änderungsbescheid, wonach die Leistungen ab Mai 2007 antragsgemäß auf einen anders Konto überwiesen werden (Bl. 35 der Verwaltungsakte).
Mit Schreiben vom 10.04.2007 erhob der Antragsteller Widerspruch gegen den Bescheid vom 15.03.2007. Der Widerspruch richte sich dagegen, dass er keine Miete erhalte und ihm erst ab 05.03.2007 Leistungen bewilligt worden seien (Bl. 54 der Verwaltungsakte).
In der Akte findet sich Schreiben des FA für Allgemeinmedizin Dr. B ... vom 19.04.2007, in dem dieser ausführt, der Auszug des Antragstellers aus seinem familiären Heim und die Distanzierung aus der hiesigen Szene, sei aus sucht- und sozialtherapeutischen, pädagogischen Erwägungen heraus sinnvoll gewesen und scheine zunehmend Früchte zu tragen. Die Integration in eine sozialtherapeutische Wohngruppe sehe er als einzige Chance für den Antragsteller sich zu stabilisieren (Bl. 56 der Verwaltungsakte).
Am 02.07.2007 erließ die Antragsgegnerin einen Absenkungsbescheid für die Zeit vom 01.08.2007 bis 31.10.2007 wegen Nichterscheinens zu einem Meldetermin (Bl. 46 der Verwaltungsakte). Am 21.08.2007 stellte der Antragsteller einen Fortzahlungsantrag (Bl. 77 der Verwaltungsakte).
Am 16.07.2007 schloss der Antragsteller einen am 01.09.2007 beginnenden Praktikantenvertrag mit dem ...e.V. (Bl. 61 der Verwaltungsakte).
Mit Widerspruchsbescheid vom 30.08.2007 wies die Antragsgegnerin den Widerspruch gegen den Bescheid vom 15.03.2007 zurück. Zur Begründung führte sie aus, der Antragsteller habe das 25. Lebensjahr nicht vollendet und habe vor dem Umzug keine Zusicherung eingeholt. Auch der Beginn der Bewilligung sei nicht zu beanstanden, der Kläger habe bis zum 05.03.2007 seinen Lebensunterhalt anderweitig bestritten (Bl. 75- 76 der Verwaltungsakte).
Am 01.10.2007 erhob der Antragsteller die beim erkennenden Gericht anhängige Klage in der Hauptsache gegen den Bescheid vom 15.03.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.08.2007 (Az.: S 12 AS 3816/07). Klageziel in der Hauptsache ist die Gewährung von höheren Leistungen für die Zeit vom 01.12.2006 bis 30.09.2007. Zur Begründung wird u.a. vorgetragen, der Antragsteller sei über die Psychiatrie und den Internationalen Bund im Oktober (2006) an das fubz verwiesen worden. Über dieses sei er zu seiner neuen Wohnung gekommen. Zunächst habe er eine Arbeitsstelle "bei der Post" gehabt, die er jedoch aus gesundheitlichen Gründen habe aufgeben müssen. Zum Zeitpunkt des Umzuges sei dem Antragsteller nicht bekannt gewesen, dass er auf staatliche Unterstützung angewiesen sein werde, da er Arbeit gehabt habe. Er sei erst zwei Monate nach seinem Umzug durch seine Erkrankung hilfebedürftig geworden. Es sei ihm keinesfalls zumutbar zu seiner Mutter zurückzuziehen. Die Antragsgegnerin habe dem Antragsteller immer Kindergeld als Einkommen angerechnet, obwohl bekannt sei, dass der Antragsteller dieses bis heute nicht erhalte. Am 15.05.2007 sei ein Antrag auf Auszahlung des Kindergeldes an den Antragsteller gestellt worden, der jedoch bis heute nicht beschieden sei.
Am 02.10.2007 richtet die Prozessbevollmächtigte des Antragstellers ein Schreiben an die Antragsgegnerin, mit dem sie um Überprüfung der Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 28.03.2007 bat. Es sei nicht ersichtlich wieso Leistungen erst ab 05.03.2007 gewährt werden. Der Antragsteller habe gewichtige Gründe gehabt nicht mehr bei seiner Mutter zu wohnen. Er habe nicht gewusst, dass er nach seinem Umzug Leistungen nach dem SGB II in Anspruch nehmen würde. Es werde Kindergeld angerechnet, obwohl der Antragsteller dieses nicht erhalte (Bl. 88 der Verwaltungsakte).
Mit Bescheid vom 04.10.2007 lehnte die Antragsgegnerin den Antrag vom 08.08.2007 auf Leistungen nach dem SGB II ab. Der Antragsteller sei nicht hilfebedürftig (Bl. 102 der Verwaltungsakte).
Am 18.10.2007 erging ein Bescheid der Familienkasse, wonach das Kindergeld ab Mai 2007 an den Antragsteller ausbezahlt werde (Bl. 130 der Verwaltungsakte)
Mit Schreiben vom 05.11.2007 erhob der Antragsteller Widerspruch gegen die Leistungsablehnung vom 04.10.2007. Die Antragsgegnerin komme nur deswegen zu einer Verneinung der Hilfebedürftigkeit, da sie fälschlicherweise davon ausgehe, dass keine Kosten der Unterkunft zu berücksichtigen seien (Bl. 100 der Verwaltungsakte).
Mit Schreiben vom 15.11.2007 kündigte der ... e.V. den mit dem Antragsteller geschlossenen Praktikantenvertrag (Bl. 124 der Verwaltungsakte).
Am 29.11.2007 stellte der Antragsteller einen neuen Antrag auf Leistungen nach dem SGB II (Bl. 110 der Verwaltungsakte).
Mit Widerspruchsbescheid vom 23.01.2008 wies die Antragsgegnerin den Widerspruch gegen den Bescheid vom 04.10.2007 zurück. Eine Anerkennung der Kosten der Unterkunft sei nicht möglich. Der Antragsteller habe bis zum 31.10.2006 bei seiner Mutter in ... gelebt und vom Job Center ... Leistungen bezogen. Einem Auszug aus der elterlichen Wohnung sei vom Job Center ... nicht zugestimmt worden. Es handle sich um einen ungenehmigten Auszug eines unter 25 jährigen. Der Antragsteller habe sich auf eine Erwerbstätigkeit ab dem 24.10.2006 bei der Firma R ... berufen. Diese Tätigkeit sei befristet gewesen und habe am 24.11.2006 geendet. Bei Aufnahme der Beschäftigung sei bereits klar gewesen, dass ein weiterer Bezug von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes erforderlich werden würde. Eine dauerhafte Eingliederung in den Arbeitsmarkt sei mit dieser Beschäftigung nicht möglich gewesen, so dass sich hieraus keine Notwendigkeit des Umzuges ergeben habe. Ebenso sei ärztlicherseits der Auszug lediglich für wünschenswert erachtet worden. Eine Verpflichtung zur Zustimmung zum Unzug habe nicht bestanden (Bl. 137 der Verwaltungsakte).
Am 02.01.2008 beantragte der Antragsteller die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes. Zur Begründung wird erneut ausgeführt, der Antragsteller habe zum Zeitpunkt des Umzuges eine Arbeitstelle gehabt und keine Leistungen der Antragsgegnerin benötigt. Es wurde eine "Versicherung an Eides Statt" vorgelegt, in der der Antragsteller u.a. ausführte er habe damals "bei der Post" gearbeitet.
Am 10.01.2008 erließ die Antragsgegnerin einen Bewilligungsbescheid mit dem sie dem Antragsteller Leistungen für die Zeit vom 01.12.2007 bis 31.05.2008 in Höhe von 154 EUR bewilligte (Bl. 18 der Gerichtsakte). Die Antragsgegnerin teilte hieraufhin am 11.01.2008 mit, dass sie dem Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz mit Bewilligungsbescheid vom 10.01.2008 entsprochen habe (Bl. 17 der Gerichtsakte).
Der Antragsteller führte hierzu am 21.01.2008 aus, dass sich der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz nicht erledigt habe. Die bewilligte Summe reiche zusammen mit dem Kindergeld gerade, um die Mietkosten zu decken. (Bl. 24 der Gerichtsakte).
Mit Schreiben vom 30.01.2008 wies das Gericht darauf hin, dass der bisherige Vortrag zum erfolgten Umzug nur äußerst spärliche Angaben enthalte, und zudem die abgegebene Versicherung an Eides statt, in der der Antragsteller eine damalige Tätigkeit bei der Post versicherte, nicht mit dem Inhalt der Verwaltungsakte übereinstimme, in der von einer befristeten Tätigkeit bei der Fa. R ... die Rede ist. Dem Antragsteller wurde Gelegenheit zur Ergänzung des bisherigen Vorbringens und insbesondere zur Vorlage des damaligen Arbeitsvertrages gebeten.
Gleichzeitig fragte das Gericht beim Job Center ... nach, in welchem Zeitraum der Antragsteller dort im Leistungsbezug stand und ob der Umzug mit dem Job Center ... abgesprochen war. Das Job Center ... teilte dem Gericht mit, dass der Kläger dort bis einschließlich Oktober 2006 Leistungen bezog und eine Absprache über den Umzug nicht erfolgte. Der Antragsteller habe lediglich im Rahmen der Berufsberatung angegeben, dass er möglicherweise umziehen möchte, da seine Mutter in einer zu großen Wohnung lebe und er bei einem Umzug "raus" müsse. Dies rechtfertige allerdings bei unter 25-jährigen nicht den Auszug (Bl. 34 der Verwaltungsakte).
Mit Schreiben vom 12.02.2008 erläuterte der Antragsteller die Hintergründe des erfolgten Umzuges aus seiner Sicht. Er leide seit seiner Kindheit an einem Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom und habe Kontakte mit Drogen gehabt. Der Hausarzt habe seit langem auf eine Fremdunterbringung gedrängt, um den Antragsteller aus der schädigenden Umgebung herauszuholen. Bereits vor seinem Umzug habe der Antragsteller eine unbefristete Arbeitsstelle im Frachtpostzentrum über die Zeitarbeitsfirma R ... erhalten. Der Antragsteller sei hierbei einer von mehreren Programmteilnehmern mit einem unbefristeten Vertrag gewesen, die auch nach der Erprobung dauerhaft übernommen werden sollten. Die anderen Teilnehmer seien alle heute noch dort beschäftigt. Der Antragsteller habe jedoch eine Knieverletzung erlitten, die ihm ein weiteres Arbeiten unmöglich gemacht hätte. Im Übrigen sei vom Job Center ... die Erforderlichkeit einer Zustimmung nie erwähnt worden. Mitübersandt wurde der Arbeitsvertrag vom 23.10.2006 (Bl. 45 - 49 der Gerichtsakte). Weiterhin wurde eine Bestätigung der Firma R ... vom 06.02.2008 übersandt wonach der Antragsteller dort in der Zeit vom 24.10.2006 bis 24.11.2006 beschäftigt war. Die Arbeit habe Dienstleistungen im Frachtpostzentrum ... für die Deutsche Post AG umfasst. Es sei beabsichtigt gewesen, alle Mitarbeiter nach Ablauf der Probezeit weiter zu beschäftigen. Beim Antragsteller sei dies fehl geschlagen, da er durch eine Knieverletzung, die ein Frachtcontainer in ... während seiner Arbeitszeit herbeigeführt habe, aus der Arbeit habe ausscheiden müssen (Bl. 50 der Gerichtsakte).
Der Antragsteller beantragt,
die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, an den Antragsteller ab sofort Regelleistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes einschließlich Leistungen für Unterkunft und Heizung nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe ab sofort bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Leistungsantrag ab 01.12.2007, längstens jedoch für sechs Monate, darlehensweise zu gewähren.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag auf einstweiligen Rechtschutz abzulehnen.
Die Antragsgegnerin hält in einem Schreiben vom 04.03.2008 ausdrücklich an ihrer bisherigen Position fest. Es sei zwar richtig, dass es sich bei der Tätigkeit bei der Firma R ... um eine unbefristete Tätigkeit gehandelt habe. Einsatzort sei jedoch ... gewesen. Ein Umzug zur Aufnahme der Beschäftigung von ... nach ... sei zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt nicht erforderlich gewesen. Die Entfernung von ... nach ... sei geringer als von ... aus.
Wegen der weiteren Details wird auf die Gerichtsakte und die von der Antragsgegnerin vorgelegte Verwaltungsakte Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz hat im tenorierten Umfang Erfolg. Die Antragsgegnerin hat dem Antragsteller ab dem 02.01.2008 Leistungen nach dem SGB II unter Anrechung der vollen Regelleistung in Höhe von 347 EUR sowie den tatsächlich nachgewiesenen Kosten der Unterkunft zu gewähren.
1.)
Der Antrag ist nach § 86 b Abs. 2 S. 1 und 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft und zulässig erhoben.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist zulässig. Nach § 86 b Abs. 2 S. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) kann das Gericht der Hauptsache, soweit ein Fall des § 86 b Abs. 1 SGG nicht vorliegt, auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Nach Satz 2 der genannten Vorschrift sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint.
Ein Fall des § 86 b Abs. 1 SGG liegt nicht vor, es handelt sich bei den dort aufgezählten Fällen um Anfechtungssituationen, in denen über die sofortige Vollziehbarkeit vor Ende des Hauptsacheverfahrens zu entscheiden ist. Vorliegend ist in einer (für den hier streitgegenständlichen Zeitraum erst noch zu erhebenden) Hauptsacheklage jedoch die kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage die geeignete Klageart, so dass für den Eilrechtsschutz § 86 b Abs. 2 SGG die einschlägige Regelungsmaterie ist. Einschlägig ist weiter § 86 b Abs. 2 S. 2 SGG. Der Antragsteller wendet sich nicht gegen eine Veränderung eines bestehenden Zustands, wodurch die Verwirklichung eines Rechts beeinträchtigt werden könnte, sondern begehrt eine vorläufige Regelung in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis.
2.)
Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich die Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung. Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen ( § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung ). Besondere Anforderungen an die Ausgestaltung des Eilverfahrens ergeben sich aus Art 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG), wenn ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen können, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären. Ist während des Hauptsacheverfahrens das Existenzminimum nicht gedeckt, kann diese Beeinträchtigung nachträglich nicht mehr ausgeglichen werden, selbst wenn die im Rechtsbehelfsverfahren erstrittenen Leistungen rückwirkend gewährt werden ( BVerfG 12.05.2005, NVwZ 2005, 927 , 928).
Die Gerichte müssen in solchen Fällen, wenn sie sich an den Erfolgsaussichten der Hauptsache orientieren wollen, die Sach- und Rechtslage nicht nur summarisch, sondern abschließend prüfen (vgl. BVerfG, NJW 2003, 1236 ; BVerfG, NVwZ 2004, 95 ,96). Dies gilt insbesondere, wenn das einstweilige Rechtsschutzverfahren vollständig die Bedeutung des Hauptsacheverfahrens übernimmt und eine endgültige Verhinderung der Grundrechtsverwirklichung eines Beteiligten droht. Entschließen sich die Gerichte zu einer Entscheidung auf dieser Grundlage, so dürfen sie die Anforderungen an die Glaubhaftmachung durch den Antragsteller eines Eilverfahrens nicht überspannen. Die Anforderungen haben sich vielmehr am Rechtsschutzziel zu orientieren, das der Antragsteller mit seinen Begehren verfolgt ( BVerfG, NVwZ 2004, 95 , 96). Dies gilt insbesondere, wenn der Amtsermittlungsgrundsatz gilt. Außerdem müssen die Gerichte Fragen des Grundrechtsschutzes einbeziehen ( BVerfG 12.05.2005, NVwZ 2005, 927 , 928).
Ist dem Gericht eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich, so ist anhand einer Folgenabwägung zu entscheiden. Auch in diesem Fall sind die grundrechtlichen Belange des Antragstellers umfassend in die Abwägung einzustellen. Die Gerichte müssen sich schützend und fördernd vor die Grundrechte des Einzelnen stellen (vgl. BVerfG, NJW 2003, 1236 , 1237). Dies gilt ganz besonders, wenn es um die Wahrung der Würde des Menschen geht. Eine Verletzung dieser grundgesetzlichen Gewährleistung, auch wenn sie nur möglich erscheint oder nur zeitweilig andauert, haben die Gerichte zu verhindern. Diese besonderen Anforderungen an Eilverfahren schließen andererseits nicht aus, dass die Gerichte den Grundsatz der unzulässigen Vorwegnahme der Hauptsache vermeiden, indem sie zum Beispiel Leistungen nur mit einem Abschlag zusprechen (vgl. BVerfG 12.05.2005, NVwZ 2005, 927 , 928; SG Düsseldorf, NJW 2005, 845 , 847).
Bei der nach den zuvor genannten Grundsätzen gebotenen Prüfung ist dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung im tenorierten Umfang zu entsprechen.
a.)
Ein Anordnungsanspruch ist glaubhaft gemacht, wenn das Gericht zu der Überzeugung gelangt, dass eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür spricht, dass dem Antragsteller ein Rechtsanspruch auf die begehrte Leistung zusteht und deshalb der Antragsteller in einem Hauptsacheverfahren mit dem gleichen Begehren voraussichtlich Erfolg haben würde. Dies ist hier der Fall.
Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II erhalten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II Personen, die (1) das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, (2) erwerbsfähig sind, (3) hilfebedürftig sind und (4) ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben. Die genannten Anspruchsvoraussetzungen sind vorliegend unstreitig gegeben. Streitig ist allein die Höhe der Leistungen. Die Leistungen nach dem SGB II umfassen gem. § 19 SGB II Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes einschließlich der angemessenen Kosten der Unterkunft. Entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin ergibt sich keine Grundlage dafür, dem Antragsteller wegen einer nichteingeholten vorherigen Zustimmung die Übernahme der Kosten der Unterkunft zu verweigern (§ 22 Abs.2 a SGB II) sowie die Regelleistung auf 80 % abzusenken (§ 20 Abs.2 a SGB II).
aa.)
Gemäß § 22 Abs. 1 S. 1 Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Vor Abschluss eines neuen Vertrages über eine neue Unterkunft soll der erwerbsfähige Hilfebedürftige die Zusicherung des für die Leistungserbringung bisher zuständigen örtlichen Trägers zu den Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen (§ 22 Abs. 2 S. 1 SGB II). Sofern Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, umziehen, werden ihnen Leistungen für Unterkunft und Heizung für die Zeit nach einem Umzug bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nur erbracht, wenn der zuständige Träger dies vor Abschluss des Vertrages über die Unterkunft zugesichert hat (§ 22 Abs. 2a S. 1 SGB II). Dabei ist der kommunale Träger gemäß Satz 2 dieser Vorschrift zur Zusicherung verpflichtet, wenn 1. der Betroffene aus schwerwiegenden sozialen Gründen nicht auf die Wohnung der Eltern oder eines Elternteils verwiesen werden kann, 2. der Bezug der Unterkunft zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich ist oder 3. ein sonstiger, ähnlich schwerwiegender Grund vorliegt. Nach Satz 3 dieser Norm kann unter den Voraussetzungen des Satzes 2 vom Erfordernis der Zusicherung abgesehen werden, wenn es dem Betroffenen aus wichtigem Grund nicht zuzumuten war, die Zusicherung einzuholen. Gemäß Satz 4 werden Leistungen für Unterkunft und Heizung Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nicht erbracht, wenn diese vor der Beantragung von Leistungen in eine Unterkunft in der Absicht umziehen, die Voraussetzungen für die Gewährung der Leistungen herbeizuführen.
Die Antragsgegnerin ist nach diesen Vorschriften verpflichtet, die Unterkunftskosten des Antragstellers zu übernehmen. Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin steht dem Anspruch auf Übernahme der Kosten der Unterkunft insbesondere nicht eine fehlende vorherige Zusicherung entgegen. Einer solchen bedurfte es vorliegend nicht. Die Antragsgegnerin setzt sich in ihren Bescheiden und in der Antragserwiderung ausschließlich damit auseinander, ob der Antragsteller hier einen Anspruch auf Zusicherung hatte, verkennt jedoch, dass vorrangig zu prüfen ist, ob die Regelung des § 22 Abs.2 a SGB II überhaupt auf den vorliegenden Sachverhalt Anwendung finden kann und damit das Erfordernis einer Zusicherung bestand.
Der Sinn und Zweck des Zusicherungsvorbehalts des § 22 Abs.2 a SGB II ist darin zu sehen, dass mit dieser Regelung, der kostenträchtige Erstbezug einer eigenen Wohnung durch Personen begrenzt werden soll, die bisher wegen Unterstützung innerhalb einer Haushaltsgemeinschaft keinen eigenen Anspruch hatten oder als Teil einer Bedarfsgemeinschaft niedrigere Leistungen bezogen haben (vgl. die Gesetzesbegründung - BT-Drs. 16/688 S. 14). Eine allgemeine präventive "Lebensführungskontrolle" von jungen Erwachsenen sollte dem SGB II-Leistungsträger dagegen nicht auferlegt werden (vgl. Loose in GK - SGB II GW, § 20, Rn. 50). Es wäre beispielsweise offenkundiger Unsinn, wenn ein unter 25jähriger, dessen Lebensunterhalt durch wohlhabende Eltern oder durch eigenes Einkommen und Vermögen sicher gestellt ist, vor einem Umzug in eine eigene Wohnung eine Zusicherung bei der Antragsgegnerin einholen würde. Da somit durch die Regelung des § 22 Abs.2 a SGB II lediglich verhindert werden sollte, dass der Auszug junger Hilfebedürftiger aus öffentlichen Mitteln finanziert wird, kann der Zusicherungsvorbehalt damit auch nur für Personen gelten, die für die Zeit ab Beginn des neuen Mietverhältnisses Leistungen beanspruchen, nicht dagegen für diejenigen, die ihren Lebensunterhalt nach dem Auszug aus der elterlichen Wohnung unabhängig vom Grundsicherungsträger bestreiten. Hierfür spricht auch der systematische Zusammenhang der Sätze 1 und 4 des § 22 Abs. 2a SGB II (so ausdrücklich: Landessozialgericht Hamburg, Beschluss vom 24.01.2008, Az.: L 5 B 504/07 ER AS, L 5 B 504/07, m.w.N). Die gesetzliche Regelung ist daher dahingehend auszulegen, dass ein Zusammenhang bestehen muss zwischen dem unter Zusicherungsvorbehalt stehenden Auszug / Umzug und einem hieraus resultierenden (höheren) Leistungsbedarf. Der Zusicherungsvorbehalt gilt daher nur dann, wenn ein unter 25-jähriger aus dem elterlichen Haushalt auszieht, obwohl er seinen Lebensunterhalt absehbar nicht dauerhaft aus eigenen Mitteln und Kräften bestreiten kann. Hierbei muss eine Prognoseentscheidung zum Zeitpunkt des Auszuges maßgeblich sein (ex ante Sicht), da eine ex post Betrachtung dem Betroffenen das volle Risiko unvorhersehbarer Veränderungen in der Zukunft aufbürden würde. Hierfür vermag der Gesetzeszweck jedoch keine Grundlage zu bieten. Vielmehr soll nur solches Verhalten zum Leistungsausschluss führen, dass gerade auf eine Leistungserlangung gerichtet ist. Daher vermögen mögliche, aber zur Zeit des Auszuges nicht absehbare Veränderungen in der Folgzeit, wie z.B. Verlust des Arbeitsplatzes, Vermögensverlust u.s.w., keine maßgebliche Rolle zu spielen (Loose in GK - SGB II GW, § 20, Rn. 51).
Der Antragsteller hatte vorliegend zum Zeitpunkt des Auszuges einen unbefristeten Arbeitsplatz inne, der geeignet war, seinen Lebensbedarf zu decken. Dementsprechend hat er auch nach seinem Umzug keinen Leistungsantrag bei der Antragsgegnerin gestellt. Erst durch einen Arbeitsunfall, der zum Verlust des Arbeitsplatzes zum 24.11.2008 führte, trat beim Antragsteller erneut Hilfebedürftigkeit ein. Auch wenn die Arbeit vom Antragsteller demnach nur äußerst kurzfristig ausgeübt wurde (und nicht wie im Klageverfahren unzutreffend behauptet zwei Monate), war dies Entwicklung zur Zeit des Auszuges aus der elterlichen Wohnung gerade nicht vorhersehbar und ist daher unbeachtlich. Die Voraussetzungen für einen Leistungsausschluss sind demnach nur dann erfüllt, wenn der Antragsteller von vornherein in der Absicht umgezogen wäre, die Voraussetzungen für die Gewährung von Leistungen herbeizuführen (§ 22 Abs. 2a S. 4 SGB II). Hierfür bestehen jedoch keinerlei Anhaltspunkte. Zwar mag bei jedem neuen Arbeitsverhältnis auch das Risiko einer Kündigung in der Probezeit bestehen, dies rechtfertigt jedoch keine andere Beurteilung. Würde man allein das allgemeine Lebensrisiko einer Kündigung in der Probezeit ausreichen lassen, um zu einem Leistungsausschluss zu gelangen, könnte dies dazu führen, dass eine Arbeits- oder Ausbildungsaufnahme außerhalb des bisherigen Wohnorts praktisch unmöglich gemacht würde (so ausdrücklich: Landessozialgericht Hamburg, Beschluss vom 24.01.2008, Az.: L 5 B 504/07 ER AS, L 5 B 504/07, m.w.N). Denn nicht jede Aufnahme eines auswärtigen Arbeitsplatzes ist zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt "erforderlich" im Sinne des § 22 Abs. 2a Nr. 2 SGB II.
Da der Antragsteller somit vor seinem Umzug nicht verpflichtet war, die Zusicherung der Antragsgegnerin einzuholen, kann dahinstehen, ob - im Hinblick auf den Arztbrief Dr. B ... - ggf. sogar ein Anspruch auf Erteilung einer Zusicherung bestanden hätte.
bb.)
Die Regelleistung beträgt entsprechend der Bekanntmachung über die Höhe der Regelleistung nach § 20 Abs. 2 Satz 1 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch für die Zeit ab 1. Juli 2007 für Personen, die alleinstehend oder alleinerziehend sind oder deren Partner minderjährig ist, 347 EUR.
Gem. § 20 Abs. 2a) SGB II erhalten abweichend hiervon Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und ohne Zusicherung des zuständigen kommunalen Trägers nach § 22 Abs. 2a SGB II umziehen, bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres 80 vom Hundert der Regelleistung. In der Gesetzesbegründung wird zur Einführung dieser Regelung ausgeführt, Jugendliche sollen, wenn sie ohne Zusicherung des kommunalen Trägers aus dem Haushalt der Eltern ausziehen, bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres die gleiche Regelleistung (nämlich 80 Prozent der Regelleistung) erhalten, die ihnen gewährt worden wäre, wenn sie weiterhin mit den Eltern eine Bedarfsgemeinschaft gebildet hätten. Diese Regelung soll zusammen mit der Neuregelung in § 22 Abs. 2a den Anreiz vermindern, auf Kosten der Allgemeinheit eine eigene Wohnung bei gleichzeitigem Bezug der vollen Regelleistung zu beziehen (vgl. die Gesetzesbegründung - BT-Drs. 16/688 S. 14).
Entsprechend der obigen Ausführungen ist daher auch diese Regelung nicht auf Fälle anwendbar, in denen zum Zeitpunkt des Auszuges aus der elterlichen Wohnung die berechtigte Aussicht bestand, künftig nicht auf SGB II Leistungen angewiesen zu sein.
Der Antragsteller hat daher einen Anspruch auf Berücksichtigung der ungekürzten Regelleistung.
b.)
Der Anordnungsgrund ergibt sich bereits daraus, dass es sich vorliegend um Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes handelt.
c.)
Zum Zeitraum der Leistungsverpflichtung im Verfahren auf einstweiligen Rechtsschutz ist anzumerken, dass als frühester möglicher Zeitpunkt, der Zeitpunkt des Eingangs des einstweiligen Rechtsschutzes beim Gericht in Betracht kommt, mithin der 02.01.2008. Dies folgt daraus, dass das Verfahren auf einstweiligen Rechtsschutz regelmäßig nicht einem Ausgleich für die Vergangenheit dient. Einen finanziellen Ausgleich für die Vergangenheit herbeizuführen, ist, von einer in die Gegenwart fortwirkenden Notlage abgesehen, die vorliegend weder geltend gemacht noch erkennbar ist, nicht Aufgabe des vorläufigen Rechtsschutzes, sondern des Hauptsacheverfahrens. Die Dauer der Verpflichtung wurde hierbei bis zum Erlass einer bestandskräftigen oder rechtskräftigen Entscheidung, längstens jedoch bis zum 02.07.2008, d.h. für den in § 41 S. 2 SGB II als Soll - Regelung vorgesehenen Zeitraum von sechs Monaten, begrenzt.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs.1 SGG.