Anmerkung zu: BSG 14. Senat, Urteil vom 02.07.2009 - B 14 AS 33/08 R
Autor: Dr. Stefan Klaus, Leiter Rechtsbehelfsstelle
Erscheinungsdatum: 04.06.2010
Quelle: juris Logo
Normen: § 8 WoGG 2, § 12 SGB 2, § 8 WoGG, § 558d BGB, § 103 SGG
Fundstelle: jurisPR-SozR 11/2010 Anm. 1
Herausgeber: Dr. Thomas Voelzke, Vors. RiBSG
Prof. Dr. Rainer Schlegel, Vors. RiBSG
Unterkunft und Heizung: Angemessenheitsgrenze für ein selbst genutztes Hausgrundstück
Leitsatz
Zur Bestimmung der Angemessenheit von Kosten der Unterkunft und Heizung für ein Eigenheim.
A. Problemstellung
Die Entscheidung beschäftigt sich mit den angemessenen Kosten für ein Eigenheim und den angemessenen Kosten für Heizung.
B. Inhalt und Gegenstand der Entscheidung
Die Kläger begehrten höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung nach dem SGB II für die Zeit vom 03.08.2006 bis 31.01.2007. Die 1958 geborene Klägerin zu 1 und der 1956 geborene Kläger zu 2 bewohnen mit ihrem 1990 geborenen Sohn (Kläger zu 3) ein im Jahr 1930 bezugsfertig gewordenes 104 m² großes Eigenheim. Die Kläger zu 1 und 2 erwarben das Hausgrundstück 1996 für insgesamt 84.363,16 Euro. Sie verfügten über kein Eigenkapital.
Auf ihren Antrag vom 03.08.2006 bewilligte der Beklagte den Klägern Alg II i.H.v. insgesamt 685 Euro. Hierin enthalten waren Leistungen für Unterkunft und Heizung i.H.v. 465,76 Euro. Den Widerspruch hiergegen wies der Beklagte zurück. Die angemessene Wohnungsgröße belaufe sich auf 75 m² für drei Personen. Da für die Stadt Nordhorn ein Mietspiegel nicht existiere, sei auf den Wert der rechten Spalte der Tabelle zu § 8 Wohngeldgesetz (WoGG) zurückzugreifen. Hiernach sei bei einer Mietstufe II für Nordhorn ein Betrag von 410 Euro als angemessene Kaltmiete inklusive Nebenkosten in Ansatz zu bringen. Die tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung i.H.v. 569,94 Euro überschritten den angemessenen Betrag und seien daher nicht in voller Höhe zu übernehmen. Tilgungsleistungen seien deshalb nicht zu berücksichtigen, weil die Schuldentilgung der Vermögensbildung diene.
Das Sozialgericht hat die Klage abgewiesen. Es bestehe kein Anspruch auf höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung. Die Tilgungs- und Sparbeiträge seien nicht in Ansatz zu bringen, weil mit ihnen die aufgenommenen Darlehen zurückgezahlt und damit lastenfreies Eigentum erworben werde. Die Angemessenheitsgrenze habe der Beklagte zutreffend nach dem örtlichen Mietniveau bestimmt und dabei entsprechend den Richtlinien über die Soziale Wohnraumförderung in Niedersachsen als angemessene Wohnfläche für drei Personen 75 m² zu Grunde gelegt. Da jedoch keine Informationen zu Ausstattung, Lage und Bausubstanz der angebotenen Wohnungen vorlägen, sei ein Betrag i.H.v. monatlich 410 Euro für die Kaltmiete angemessen. Die tatsächlichen Heizkosten für 75 m² i.H.v. 49,04 Euro seien mangels ausreichender Anhaltspunkte für eine konkrete Bezifferung entsprechend der Verordnung über Heizkostenabrechnungen um 18% im Hinblick auf die in der Regelleistung enthaltene Warmwasserpauschale zu kürzen und mit 40,21 Euro anzusetzen. Das BSG hat auf die Sprungrevision der Kläger das Urteil des Sozialgerichts aufgehoben und die Sache an das Sozialgericht zurückverwiesen.
Die zur Angemessenheit der tatsächlichen Wohnungskosten bei Mietwohnungen entwickelten Maßstäbe (BSG, Urt. v. 07.11.2006 - B 7b AS 10/06 R - BSGE 97, 231; BSG, Urt. v. 07.11.2006 - B 7b AS 18/06 R - BSGE 97, 254) gelten auch, soweit Hilfebedürftige ein selbst genutztes Hausgrundstück von angemessener Größe i.S.d. § 12 Abs 3 Satz 1 Nr. 4 SGB II bewohnen (BSG, Urt. v. 15.04.2008 - B 14/7b AS 34/06 R - BSGE 100, 186). § 22 Abs 1 SGB II sehe insofern ohne Differenzierung danach, ob der Wohnbedarf durch Eigentum oder Miete gedeckt werde, Leistungen für Unterkunft und Heizung bis zur Grenze der Angemessenheit vor. Aus diesem Grund seien auch nicht die für Hauseigentum, sondern die für Mietwohnungen geltenden Wohnflächengrenzen bei der Angemessenheitsprüfung im Rahmen des § 22 SGB II zu berücksichtigen (BSG, Urt. v. 15.04.2008 - B 14/7b AS 34/06 R - BSGE 100, 186). Der Eigentümer sei ebenso wenig wie der Mieter davor geschützt, dass sich wegen unangemessen hoher Unterkunftskosten die Notwendigkeit eines Wohnungswechsels ergeben könne.
Abzustellen sei für die Angemessenheit der Aufwendungen auf Wohnungen im unteren Segment der nach der Größe in Betracht kommenden Wohnungen im räumlichen Bereich, der den Vergleichsmaßstab bildet (BSG, Urt. v. 07.11.2006 - B 7b AS 18/06 R - BSGE 97, 254; BSG, Urt. v. 15.04.2008 - B 14/7b AS 34/06 R - BSGE 100, 186). Welche Kosten hier für dieses Preissegment konkret zu Grunde zu legen seien, könne nach den Feststellungen des Sozialgerichts nicht beurteilt werden.
Zutreffend sei von einer angemessenen Wohnungsgröße von 75 m² ausgegangen worden. Grundlage für die Bestimmung der Wohnungsgröße ist § 10 des Gesetzes über die soziale Wohnraumförderung vom 13.09.2001 (WoFG, BGBl I, 2376). In Niedersachsen finden sich die Richtlinien über die Soziale Wohnraumförderung (Wohnraumförderungsbestimmungen – WFB 2003) in einem Runderlass vom 27.06.2003 (Nds. Ministerialblatt 2003, Heft 27, S. 580). Gemäß Ziffer B Nr. 11.2 der WFB 2003 gilt zwar bei Mietwohnungen für drei Haushaltsmitglieder eine Wohnfläche bis 75 m² als angemessen.
Der Senat konnte allerdings nicht beurteilen, welcher angemessene Mietpreis zu Grunde zu legen ist. Die Angemessenheit des Mietpreises sei unter Berücksichtigung der örtlichen Besonderheiten konkret zu ermitteln (BSG, Urt. v. 07.11.2006 - B 7b AS 18/06 R - BSGE 97, 254). Räumlicher Vergleichsmaßstab ist in erster Linie der Wohnort des Hilfebedürftigen (BSG, Urt. v. 07.11.2006 - B 7b AS 10/06 R - BSGE 97, 231). Das Sozialgericht habe insoweit zu Recht auf das Gebiet der Stadt Nordhorn abgestellt. In diesem Raum sei das Mietniveau des unteren Segments für Wohnungen von angemessener Größe festzustellen. Dabei sei nicht nur auf die tatsächlich am Markt angebotenen Wohnungen abzustellen, sondern auch auf vermietete Wohnungen. Die Tabellenwerte in § 8 WoGG stellten grundsätzlich keinen geeigneten Maßstab für die Angemessenheit der Kosten der Unterkunft dar, weil sie zum einen die örtlichen Gegebenheiten nicht angemessen widerspiegelten und zum anderen nicht darauf abstellten, ob der Wohnraum bedarfsangemessen sei (BSG, Urt. v. 07.11.2006 - B 7b AS 18/06 R - BSGE 97, 254). Ein Rückgriff auf die Tabellenwerte oder auf die zulässigen Mietgrenzen der in Ergänzung zum WoFG erlassenen landesrechtlichen Wohnraumförderungsbestimmungen, ggf. mit der Prüfung eines Unbilligkeiten ausgleichenden Zuschlags, komme allenfalls dann in Betracht, wenn alle anderen Erkenntnismöglichkeiten und -mittel zur Ermittlung der Angemessenheit des Wohnraums i.S.d. § 22 Abs. 1 SGB II ausgeschöpft seien (BSG, Urt. v. 07.11.2006 - B 7b AS 18/06 R - BSGE 97, 254; BSG, Urt. v. 15.04.2008 - B 14/7b AS 34/06 R - BSGE 100, 186). Ob dies hier der Fall sei, könne nicht beurteilt werden.
Vom Fehlen lokaler Erkenntnismöglichkeiten könne nicht bereits dann ausgegangen werden, wenn ein qualifizierter Mietspiegel i.S.d. § 558d BGB nicht existiere. Es könnten vielmehr auch andere „Mietdatenbanken“, die auf einem schlüssigen Konzept beruhten und eine hinreichende Gewähr dafür böten, dass sie die aktuellen Verhältnisse des örtlichen Mietwohnungsmarktes wiedergäben, herangezogen werden. Ob eine solche Erkenntnisquelle zur Verfügung stehe, vermöge der Senat nicht zu beurteilen. Das Sozialgericht habe allerdings zu Recht ausgeführt, dass die von der Beklagten vorgelegte Auswertung von Wohnungsanzeigen in drei lokalen Zeitungen keine ausreichende Datengrundlage böte.
Welche weiteren Erkenntnismöglichkeiten bestehen und ob ggf. eine hinreichende Datengrundlage zur Bestimmung des Begriffs der „Angemessenheit“ gewonnen werden könnte, könne der Senat nicht beurteilen. In Betracht kämen aber Nachfragen, etwa bei örtlichen Wohnungsbaugenossenschaften, den Verbänden der Vermieter und der Mieter nach den dort erstellten oder anerkannten Daten oder bei den zuständigen Behörden nach den durchschnittlichen Mietpreisen bei Wohngeldfällen. Erkenntnisse über den lokalen Wohnungsmarkt könnten sich im Übrigen auch aus einer Gesamtschau der verfügbaren Daten aus den verschiedenen Quellen ergeben. Die umfassende Ermittlung der Daten sei grundsätzlich schon für eine sachgerechte Entscheidung im Verwaltungsverfahren notwendig und in einem Rechtsstreit seien sie vom Grundsicherungsträger vorzulegen. Entscheide der Grundsicherungsträger ohne eine hinreichende Datengrundlage, sei er im Rahmen seiner prozessualen Mitwirkungspflicht nach § 103 Satz 1 2. Halbsatz SGG gehalten, dem Gericht eine möglichst zuverlässige Entscheidungsgrundlage zu verschaffen und ggf. eine unterbliebene Datenerhebung und -aufbereitung nachzuholen. Es könne von dem zuständigen kommunalen Träger erwartet werden, dass er die bei ihm vorhandenen Daten sowie die personellen und/oder sachlichen Voraussetzungen für die Erhebung und Auswertung der erforderlichen Daten zur Verfügung stelle.
Wie bei Mietwohnungen seien auch bei Wohneigentum die tatsächlichen Heizkosten zu übernehmen, soweit diese angemessen seien.
Die in § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II vorgesehene, am Einzelfall orientierte Angemessenheitsprüfung für die Heizkosten habe grundsätzlich getrennt von der Prüfung der Angemessenheit der Unterkunftskosten zu erfolgen. Dafür sprächen schon Wortlaut und Systematik des § 22 Abs. 1 SGB II, der ausdrücklich zwischen Unterkunft und Heizung unterscheide. Zudem sollten der Gesetzesbegründung zufolge die Kosten für Unterkunft und Heizung „wie in der Sozialhilfe“ in tatsächlicher, angemessener Höhe berücksichtigt werden (BT-Drs. 15/1516, S. 57), insoweit also an die Rechtslage nach dem BSHG angeknüpft werden.
Die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze für Unterkunfts- und Heizkosten im Sinne einer sog. erweiterten Produkttheorie würde demgegenüber die Festlegung eines als abstrakt angemessen anzusehenden Heizkostenpreises pro Quadratmeter für eine „einfache“ Wohnung (gestaffelt nach abstrakt angemessenen Wohnungsgrößen) im unteren Segment des Wohnungsmarktes erfordern. Es sei nicht erkennbar, wie ein solcher abstrakter Wert als notwendiger Faktor für eine als abstrakt angemessen anzusehende Bruttowarmmiete von den Trägern der Grundsicherung und der Rechtsprechung verlässlich ermittelt werden könnte. Es müssten in einen solchen Wert neben dem als angemessen anzusehenden Heizverhalten des Einzelnen etwa auch klimatische Bedingungen, ständig wechselnde Energiepreise, der Energieträger, vor allem aber auch der im entsprechenden Mietsegment „typische"“ Gebäudestandard und der technische Stand einer als „typisch“ anzusehenden Heizungsanlage einfließen. Datenmaterial, das eine allgemeingültige Aussage bezogen auf Heizkosten in dem in Betracht zu ziehenden Marktsegment der „einfachen“ Wohnungen zulasse, liege nicht vor. Ermittlungsmöglichkeiten hierzu seien nicht ersichtlich. Ein Rückgriff auf einen weniger ausdifferenzierten Wert würde demgegenüber eine Pauschalierung von Kosten der Heizung bedeuten, die nach dem Konzept des SGB II dem Verordnungsgeber vorbehalten sei.
Soweit der Beklagte die tatsächlichen Heizkosten der Kläger nur in dem Verhältnis als angemessen anerkannt habe, in dem die abstrakt angemessene Wohnungsfläche zur tatsächlichen Wohnungsfläche stehe (sog. Flächenüberhangprinzip), sei dies mit der Funktion der Angemessenheitsgrenze, lediglich die Übernahme unverhältnismäßig hoher Heizkosten auszuschließen, nicht vereinbar. Aus der Größe der Wohnung alleine lasse sich nicht der Schluss ziehen, für die Wohnung aufgewandte Heizkosten seien unangemessen hoch. Dem Hilfebedürftigen sei es grundsätzlich möglich, eine nach der Quadratmeterzahl unangemessen große Wohnung, die auf Grund eines niedrigen Quadratmeterpreises aber angemessene Kosten der Unterkunft nach sich ziehe, etwa durch sparsames Heizverhalten oder auf Grund der überdurchschnittlichen Energieeffizienz der Wohnung auch zu angemessenen Kosten zu beheizen. Deshalb komme es für die Angemessenheitsprüfung hinsichtlich der Heizkosten nicht darauf an, ob bezogen auf die konkret vom Hilfebedürftigen bewohnte Wohnung einzelne, für die Bestimmung angemessener Unterkunftskosten relevante Faktoren wie die Wohnungsgröße abstrakt unangemessen hoch seien. Es spiele für die Höhe der Heizkosten keine Rolle, ob die Wohnung der Kläger „eigentlich“ nur eine Größe von 75 m² hätte haben dürfen. Dieser Wert aus der Angemessenheitsprüfung der Unterkunftskosten rechtfertige jedenfalls keine anteilige Kürzung der tatsächlichen Heizkosten.
Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Heizkosten in jedem Falle und in jeder Höhe zu übernehmen sind. Insofern stehen auch die Heizkosten gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II unter dem Leistungsvorbehalt der „Angemessenheit“. Eklatant kostspieliges oder unwirtschaftliches Heizen sei auch nicht zu finanzieren. Anhaltspunkte dafür, dass die Heizkosten unangemessen hoch seien, könnten sich insbesondere daraus ergeben, dass die tatsächlich anfallenden Kosten die durchschnittlich aufgewandten Kosten aller Verbraucher für eine Wohnung der den abstrakten Angemessenheitskriterien entsprechenden Größe signifikant überschritten. Zur Bestimmung eines solchen Grenzwertes hält es der Senat für den Regelfall einer mit Öl, Erdgas oder Fernwärme beheizten Wohnung für möglich, die von der co2online gGmbH in Kooperation mit dem Deutschen Mieterbund erstellten und durch das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit geförderten „Kommunalen Heizspiegel“ bzw. – soweit diese für das Gebiet des jeweiligen Trägers fehlten – den „Bundesweiten Heizspiegel“ heranzuziehen.
Aus dem „Bundesweiten Heizspiegel“ ergeben sich Vergleichswerte für öl-, erdgas- und fernwärmebeheizte Wohnungen gestaffelt nach der von der jeweiligen Heizungsanlage zu beheizenden Wohnfläche, die hinsichtlich des Heizenergieverbrauchs zwischen „optimal“, „durchschnittlich“, „erhöht“ und „extrem hoch“ unterscheiden. Der Grenzwert, den der Senat zu Grunde legt, ist das Produkt aus dem Wert, der auf „extrem hohe“ Heizkosten bezogen auf den jeweiligen Energieträger und die Größe der Wohnanlage hindeutet (rechte Spalte), und dem Wert, der sich für den Haushalt des Hilfebedürftigen als abstrakt angemessene Wohnfläche nach den Ausführungsbestimmungen der Länder zu § 10 Abs. 1 WoFG bzw. § 5 Abs. 2 WoBindG a.F. ergibt. Insofern werde der Wert für extrem hohe Heizkosten nur bezogen auf die angemessene Quadratmeterzahl zu Grunde gelegt, was bereits ein Korrektiv hinsichtlich der Höhe der Heizkosten darstelle, zugleich aber auch die Vergleichbarkeit der Heizkosten mit denen einer typischerweise angemessenen Wohnung ermöglichten. Der Leistungsempfänger könne also im Regelfall die tatsächlichen Heizkosten nur bis zur Obergrenze aus dem Produkt des Wertes für extrem hohe Heizkosten mit der angemessenen Wohnfläche (in Quadratmetern) geltend machen. Dabei sei den kommunalen Heizspiegeln wegen der ortsbezogenen Datenauswertung der Vorzug zu geben. Sei ein solcher kommunaler Heizspiegel nicht vorhanden, so könne auf den Bundesweiten Heizspiegel zurückgegriffen werden.
Soweit die konkret geltend gemachten tatsächlichen Heizkosten den auf dieser Datengrundlage zu ermittelnden Grenzwert überschritten, bestehe Anlass zu der Annahme, dass diese Kosten auch unangemessen hoch sind. Dies lasse sich damit rechtfertigen, dass die vom Senat gewählte Grenze bereits unwirtschaftliches und tendenziell unökologisches Heizverhalten berücksichtige. Darüber hinausgehende Heizkosten entstünden dann offensichtlich aus einem Verbrauch, der dem allgemeinen Heizverhalten in der Bevölkerung nicht mehr entspreche. Ein Grenzwert auf Grundlage der ungünstigsten Verbrauchskategorie trage dabei dem Gesichtspunkt Rechnung, dass die im Einzelfall entstehenden Heizkosten von Faktoren abhingen, die dem Einfluss des Leistungsempfängers weitgehend entzogen seien. Empfänger von Arbeitslosengeld II, deren angemessene Aufwendungen für die Unterkunft sich an Wohnungen des unteren Marktsegments orientierten, dürften dabei typischerweise älteren Wohnraum mit einem unterdurchschnittlichen Energiestandard nutzen. Soweit jedoch der genannte Grenzwert erreicht sei, seien auch von einem Hilfebedürftigen Maßnahmen zu erwarten, die zur Senkung der Heizkosten führten. Es obliege in solchen Fällen dann dem Hilfesuchenden, konkret vorzubringen, warum seine Aufwendungen für die Heizung über dem Grenzwert lägen, im jeweiligen Einzelfall aber gleichwohl noch als angemessen anzusehen seien.
C. Kontext der Entscheidung
Die wenig praxistaugliche Rechtsprechung des BSG zur Bestimmung der Angemessenheit von Unterkunftskosten wird ausdrücklich auch auf die Fälle übertragen, in denen der Leistungsempfänger ein Eigenheim bewohnt. Insofern sollen Mieter und Eigentümer gleichbehandelt werden, was überzeugend ist.
Der Schwerpunkt der Entscheidung liegt demgegenüber auf der Bestimmung der Angemessenheit der Heizkosten, die isoliert von der Angemessenheit der Unterkunftskosten zu bestimmen sei. Zunächst erteilt das BSG der verbreiteten Praxis der Leistungsträger eine Absage, wonach die Heizkosten „gequotelt“ werden, wenn die tatsächliche Wohnfläche die angemessene Wohnfläche überschreitet. In einem weiteren Schritt legt das BSG dar, wie und anhand welcher Erkenntnisquellen ermittelt werden kann, ob ein Heizverhalten als unwirtschaftlich angesehen werden kann mit der Folge, dass derartige Heizkosten nicht mehr angemessen i.S.d. § 22 Abs. 1 SGB II sind.
D. Auswirkungen für die Praxis
Bereits die Rechtsprechung zur Feststellung der Angemessenheit von Unterkunftskosten dürfte für die Leistungsträger in personeller und wissenschaftlicher Hinsicht kaum erfolgversprechend umzusetzen sein. Um so mehr dürfte dies der Diskussion um ein Handeln des Verordnungsgebers (§ 27 Nr. 1 SGB II) oder der aktuell aufkeimenden Diskussion zur Einführung von Mietpauschalen Vorschub leisten.
Die Rechtsprechung zur Angemessenheit der Heizkosten macht es den Leistungsträgern nicht einfacher.
E. Weitere Themenschwerpunkte der Entscheidung
Innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach Eingang der Akten der Behörde besteht für das Sozialgericht vor diesem Hintergrund auch die Möglichkeit, nach § 131 Abs 5 SGG den angefochtenen Verwaltungsakt aufzuheben, wenn es eine weitere Aufklärung für erforderlich hält und die noch erforderlichen Ermittlungen nach Art und Umfang erheblich sind. Die Belange der Beteiligten können dadurch gewahrt werden, dass das Gericht bis zum Erlass eines neuen Verwaltungsaktes eine einstweilige Regelung trifft, § 131 Abs. 5 Satz 2 SGG, die auch in der Verpflichtung zur Fortzahlung der tatsächlichen Unterkunftskosten bestehen kann.