BSG B 14 AS 25/14 R Kein ALG 2 während Reha-Maßnahme

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kleinchaos
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BSG B 14 AS 25/14 R Kein ALG 2 während Reha-Maßnahme

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Beitrag von kleinchaos »

Der 1988 geborene, alleinstehende Kläger lebte mit Zustimmung des beklagten Jobcenters in eigener Wohnung und bezog Alg II, zuletzt bewilligt bis 31.01.2013. Er absolvierte vom 04.02.2013 bis 31.07.2013 eine berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme in einem Berufsbildungswerk. Er war dort internatsmäßig untergebracht und erhielt Verpflegung. Die beigeladene BA bewilligte dem Kläger für diesen Zeitraum als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben Ausbildungsgeld in Höhe von monatlich 104 Euro und übernahm die Maßnahmekosten einschließlich Unterbringung sowie Fahrkosten. Der Beklagte lehnte die Anträge des Klägers auf Übernahme der Kosten für seine Wohnung während der Dauer der Bildungsmaßnahme ab, weil der Kläger nach § 7 Abs. 5 SGB II während seiner Teilnahme an der berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen sei.

Das SG Köln hat die mit dem Begehren erhobene Klage, den Beklagten zur Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für die Zeit ab 04.02.2013 zu verurteilen, abgewiesen: Der Kläger sei mit dem beabsichtigten Beginn der Bildungsmaßnahme von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen; § 7 Abs. 5 SGB II erfasse auch Ausbildungen behinderter Menschen im Rahmen der Förderung der Teilhabe am Arbeitsleben nach dem SGB III. Nach dem Urteil des Sozialgerichts bewilligte der Beklagte dem Kläger Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 01.02.2013 bis 31.07.2013 als Darlehen nach § 27 Abs. 4 SGB II in Höhe des Regelbedarfs und der Bedarfe für Unterkunft und Heizung unter Berücksichtigung von Ausbildungsgeld und Kindergeld (Bescheide vom 24.01.2013 und 27.03.2013).

Das LSG Essen hat auf die Berufung des Klägers das Urteil des SG Köln geändert und den Beklagten unter Änderung der Bescheide vom 24.01.2013 und 27.03.2013 verpflichtet, die dem Kläger darlehensweise bewilligten Leistungen als Zuschuss zu gewähren: Der Kläger sei nicht von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ausgeschlossen; vom 01.02.2013 bis 03.02.2013 schon deshalb nicht, weil er in dieser Zeit keine Ausbildung absolviert habe, ab 04.02.2013 nicht, weil die Teilnahme an der berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme keinen Ausschluss nach § 7 Abs. 5 SGB II bewirkt habe. Speziell auf behinderte Menschen ausgerichtete berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen seien mit den allgemeinen berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen nicht vergleichbar und würden von § 7 Abs. 5 SGB II nicht erfasst.

Die Revision des Beklagten war erfolgreich.

Der Kläger hatte keinen Anspruch auf Alg II für den Zeitraum vom 04.02.2013 bis 31.07.2013 während seiner Teilnahme an einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben nach dem SGB III; die ihm in diesem Zeitraum nach § 27 Abs. 4 SGB II darlehensweise bewilligten Leistungen waren nicht als Zuschuss zu gewähren.

Der Kläger war nach § 7 Abs. 5 SGB II während seiner Teilnahme an der berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme wegen des Absolvierens einer dem Grunde nach förderungsfähigen Ausbildung von über § 27 SGB II hinausgehenden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ausgeschlossen. Anknüpfungspunkt für diesen Leistungsausschluss ist allein die abstrakte Förderungsfähigkeit der Ausbildung. Vom Leistungsausschluss erfasst sind deshalb behinderte ebenso wie nicht behinderte Menschen, die eine i.S.d. § 7 Abs. 5 SGB II abstrakt förderungsfähige Ausbildung absolvieren. Zu diesen Ausbildungen gehört auch eine berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme nach § 51 SGB III. Für das Eingreifen des Leistungsausschlusses kommt es nicht darauf an, ob und welche, ggf. besonderen Leistungen für diese Ausbildung tatsächlich bezogen werden. Auch auf Auszubildende, die – wie der Kläger von der beigeladenen Bundesagentur für Arbeit – als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben während ihrer Ausbildung Ausbildungsgeld nach dem SGB III erhalten, findet der Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 5 SGB II Anwendung. Denn die Teilhabeleistungen auch für eine berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme gleichen zwar einen besonderen Nachteil behinderter Auszubildender aus, nehmen aber auf die allgemeine Regelung zur abstrakten Förderungsfähigkeit dieser Ausbildung in § 51 SGB III durch eine Rechtsgrundverweisung in § 114 SGB III Bezug. Damit wird berücksichtigt, dass zwar das Vorliegen einer Behinderung Voraussetzung für die Erbringung von Teilhabeleistungen ist, das Teilhabeziel jedoch – soweit in den §§ 115 ff SGB III nichts Abweichendes bestimmt ist – mit den Instrumentarien der allgemeinen Arbeitsförderung erreicht werden soll.

Der Senat schließt sich damit der Rechtsprechung des 4. Senats an, der dies bereits für die durch Ausbildungsgeld nach dem SGB III geförderte berufliche Ausbildung so entschieden hatte (BSG, Urt, v. 06.08.2014 - B 4 AS 55/13 R - vorgesehen für BSGE und SozR 4-4200 § 7 Nr. 38).
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