OLG Hamm - 14 UF 135/14 - Beistand bei Gutachtertermin

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Koelsch
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OLG Hamm - 14 UF 135/14 - Beistand bei Gutachtertermin

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Beitrag von Koelsch »

OLG Hamm fällt auch für Leistungsberechtigte beachtenswerten Beschluss
Das OLG Hamm hat 02. Februar 2015 einen auch für Leistungsberechtigte wichtigen Beschluss zum Thema Begleitung (Beistand) bei einer ärztlichen Untersuchung gefasst. Da es ja die gängige Praxis der JobCenter ist, vermeintliche Querulanten zu einem psychologischen Untersuchungstermin „vorführen“ zu lassen, haben diese nun die rechtliche Handhabe, zumindest eine Begleitung (einen Beistand) zu so einem Untersuchungstermin mit zu nehmen. Denn der Beschluss ist in Übertragungsdeutung auch für Leistungsberechtigte nach dem SGB II (Hartz IV) zutreffend.


OLG Hamm – Der Leitsatz des Beschlusses
Besonders bedeutend erscheint uns der Leitsatz des Beschlusses des OLG Hamm, den wir daher zuerst wiedergeben wollen:

Einem medizinisch oder psychologisch zu begutachtenden Beteiligten ist bei einem Untersuchungstermin bzw. Explorationsgespräch des Sachverständigen die Anwesenheit einer Begleitperson ohne Äußerungs- bzw. Beteiligungsrecht zu gestatten (Anschluss an OLG Zweibrücken FamRZ 2000, 1441; LSG Rheinland-Pfalz NJW 2006, 1547).

OLG Hamm – weitere Ausführungen
Das OLG Hamm schafft Rechtsklarheit bei der Frage, ob man bei einer familienpsychologischen oder psychiatrischen Begutachtung durch ein Gericht eine Begleitperson (Beistand) zum Gutachter/Amtsarzt mitnehmen kann.

Das OLG Hamm hat mit seiner Entscheidung vom 03.02.2015 klargestellt, dass ein zu Untersuchender generell bei seiner Untersuchung eine Begleitperson, die während der gesamten Dauer der Untersuchung/Exploration Anwesenheitsrechte hat, mitnehmen darf.

Ausschlaggebend für diese Entscheidung des OLG Hamm ist der Gesichtspunkt, dass ein medizinisch oder psychologisch zu begutachtender Beteiligter ansonsten keine Möglichkeit hätte, sich gegenüber Behauptungen und Wahrnehmungen aber auch Erfindungen des die Untersuchung Durchführenden im Wege des effektiven Rechtsschutzes zu wehren.

Wenn der die Untersuchung Durchführende nach Vorliegen des Gutachtens den Hergang einer Untersuchung oder eines Explorationsgesprächs fälscht und die Unrichtigkeit der Wiedergabe dann nicht ausnahmsweise durch objektive Anhaltspunkte bewiesen werden kann, hat der Untersuchte künftig die Möglichkeit, sich im Wege des Zeugenbeweises erfolgreich gegen ein nachteiliges Gutachtenergebnis zu wehren. Die Hinzuziehung einer Begleitperson hingegen erlaubt es ihm, in diesem Fall mit Aussicht auf Erfolg, einen Zeugenbeweis anzutreten.

Allerdings betont das OLG Hamm, dass die Begleitperson nur Anwesenheitsrechte hat, die Untersuchung, bzw. ihren Verlauf also nicht durch Handlungen oder Äußerungen beeinflussen darf.

Hierzu ist auf die Randnummer 9 des Beschlusses des OLG Hamm zu verweisen:

Nicht zu gestatten ist hingegen einer mitgebrachten Begleitperson, sei es dem anwaltlichen Bevollmächtigten oder einem Privatgutachter, eine Beteiligung an dem Untersuchungsgespräch durch Fragen, Vorhalte oder sonstige Äußerungen. Hierdurch wäre bei einer medizinischen oder psychologischen Untersuchung, anders als z. B. bei einem baurechtlichen Ortstermin, eine erhebliche Störung der Untersuchung und auch Beeinflussung ihres Ergebnisses zu befürchten, wohingegen die Rechte des zu Begutachtenden in diesem Punkt durch die Möglichkeit nachträglicher schriftlicher Stellungnahmen und/oder einer mündlichen Befragung des Sachverständigen im Gerichtstermin hinreichend gewahrt sind.

OLG Hamm – Beschluss ist auch für Leistungsberechtigte wichtig
Sollten Betroffene die Situation erleben, dass ihnen bei einem Untersuchungstermin eine Begleitung (ein Beistand) verwehrt wird, so können sie unter Berufung auf diesen Beschluss des OLG Hamm ihr gutes Recht durchsetzen. Da der Beschluss des OLG Hamm für unanfechtbar gestellt wurde, müssen ihn auch die JobCenter, Arbeitsagenturen und Amtsärzte akzeptieren.


Quelle: http://www.bg45.de/index.php/9629/olg-h ... -beistand/

Urteil: https://openjur.de/u/760720.html
Frei nach Hanns-Dieter Hüsch, ist der Kölner überhaupt zu allem unfähig. Er weiß nix, kann aber alles erklären.
Deshalb kann von mir keine Rechtsberatung erfolgen, auch nicht per e-mail oder PN.
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