Bis zur weitgehenden Abschaffung der Residenzpflicht von Asylbewerbern (siehe auch => Die Welt: Asylbewerber können sich nun freier bewegen) fühlte ich mich ähnlich in meiner Bewegungsfreiheit eingeschränkt. Die überwiegenden Regelungen des Gesetztes sind seit 01.01.2015, einzelne Vorschriften seit 1. März 2015 in Kraft. Bedürftige ALG II / Hartz IV Empfänger müssen sich aber weiterhin mit dem Aufenthalt innerhalb des zeit- und ortsnahen Bereichs (Nahbereich) auseinander sezten. Merkblätter dazu gibt es zu Hauf. Aber den Online-Artikel der Bundesagentur für Arbeit (BA) mit Anhaltspunkten, woraus Abwesenheit geschlussfolgert werden kann, finde ich besonders lehrreich. Das Prüfen unserer Kontoauszüge zu Abhebungen auf dem Konto (außerhalb des ortsnahen Bereiches) ist besonders krass. Aber auch die anderen Orientierungshilfen sind nicht ohne, oder?
Den Artikeltext habe ich hier 1:1 übertragen mit dem Hintergedanken, dass er auch nach Entfernen von der BA-Webseite weiterhin verfügbar ist.
Ortsabwesenheit - Anhaltspunkte für eine ungenehmigte Abwesenheit, verspätete Rückmeldung
1.) Auf einem Kontoauszug fällt eine Abhebung an einem ausländischen Geldautomaten auf. Kann aus diesem Sachverhalt geschlussfolgert werden, dass der Kontoinhaber unerlaubt ortsabwesend war?
2.) Im Anschluss an eine zweiwöchige genehmigten Ortsabwesenheit meldet sich die erwerbsfähige leistungsberechtige Person nicht zum Meldetermin nach § 59 SGB II i. V. m. § 309 SGB III zurück.
Wie ist in diesem Fall weiter zu verfahren?
1. Abhebungen auf dem Konto sind ein Indiz für eine Ortsabwesenheit. Im Rahmen der Amtsermittlung sind weitere Anhaltspunkte zu prüfen und die erwerbsfähige leistungsberechtige Person anzuhören.
Weitere Anhaltspunkte können sein:
- Abbuchungen von Reiseunternehmen oder Firmen außerhalb des ortsnahen Bereiches (etwa Geschäft in Paris, Tankstelle außerhalb des zeit- und ortsnahen Bereiches)
- Stempel im Pass bei Reisen außerhalb der EU
- Nichterscheinen zu Terminen ohne Angabe von Gründen
- Dauernde Nichterreichbarkeit per Telefon
- Ständiges Verschieben von Terminen
- Überquellende Briefkästen
- ständig herabgelassene Jalousien (Hinweise durch den Außendienst)
- Unflexibilität des Kunden („Maßnahmebeginn unpassend, da keine Zeit“)
- Anonyme Anzeigen
- Hinweise von Dritten
- Keine Reaktion auf Stellen-/ Maßnahmeangebote
- Anrufe von Telefonen außerhalb des gewöhnlichen Aufenthalts (bei Rufnummernanzeige)
Einer unerlaubten Ortsabwesenheit kann insbesondere durch eine hohe Kontaktdichte begegnet werden. So sollte insbesondere die Möglichkeit der Meldepflicht zum Zwecke der Vermittlung und Vorbereitung von Maßnahmen zur Eingliederung in Arbeit, auch in den typischen Schulferien, genutzt werden. Meldeversäumnisse sind nach § 32 SGB II zu prüfen.
Generell ist bei allen Ortsabwesenheiten, sei es erlaubt oder unerlaubt, zu klären, wie diese finanziert werden. Leistungen nach dem SGB II werden nur bei Vorliegen der Hilfebedürftigkeit nach § 9 SGB II bewilligt, so dass Auslandsreisen ggf. einen Hinweis auf nicht angegebene Vermögenswerte und Einkommensquellen geben können. Unerheblich dabei ist, wenn der Urlaub durch das Schonvermögen finanziert wird.
2. Die Sachverhalte sind hier differenziert zu betrachten.
Zum einen führt der nicht wahrgenommene Meldetermin zur Prüfung einer Sanktion nach § 32 SGB X. Hierzu ist die erwerbsfähige leistungsberechtige Person mündlich im Folgetermin oder schriftlich anzuhören (§ 24 SGB X).
Zum anderen ist weiter zu ermitteln, ob die Ortsabwesenheit ohne wichtigen Grund (insbesondere Erkrankung s. Fachliche Hinweise zu § 7 Rz. 7.67 und 7.68) verlängert wurde bzw. ob Anhaltspunkte (s. erste Antwort) hierfür vorliegen. Bis zur abschließenden Klärung der Anspruchsvoraussetzungen nach § 7 SGB II kann eine vorläufige Zahlungseinstellung nach § 40 Abs. 2 Nr. 4 SGB II i. V. m. § 331 SGB III ausgesprochen werden.
Soweit der Nachweis einer verlängerten ungenehmigten Ortsabwesenheit geführt werden kann, sind die Fachlichen Hinweise zu § 7 Rz. 7.73 zu beachten. Zur Aufhebungs- und Erstattungsentscheidung ist ein Ordnungswidrigkeitsverfahren einzuleiten.
Link => WDB-Beitrag Nr.: 070070
Quelle => Bundesagentur für Arbeit: Ortsabwesenheit - Anhaltspunkte für eine ungenehmigte Abwesenheit, verspätete Rückmeldung