BMAS-Verordnung schafft "Zwangsverrentung" ab

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Koelsch
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BMAS-Verordnung schafft "Zwangsverrentung" ab

#1

Beitrag von Koelsch »

Das Bundeskabinett hat heute die vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales vorgelegte Erste Verordnung zur Änderung der Unbilligkeitsverordnung zur Kenntnis genommen. Mit dieser Anpassung wird ein Vorschlag der Arbeitsgruppe der Koalitionsfraktionen "Flexible Übergänge vom Erwerbsleben in den Ruhestand" umgesetzt. Bezieherinnen und Bezieher von Leistungen nach dem SGB II (Grundsicherung für Erwerbsfähige) werden danach nicht mehr zum Eintritt in eine vorgezogene Altersrente mit Abschlägen verpflichtet, wenn die Höhe dieser Rente zur Bedürftigkeit, also zum Bezug von Grundsicherungsleistungen im Alter führen würde.

Die Nachrangigkeit ihrer Leistungen ist und bleibt ein Kernelement der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Schon heute gibt es jedoch eine Reihe von Faktoren, die eine Verpflichtung zur Inanspruchnahme einer vorgezogenen Altersrente ausschließen. Diese Unbilligkeitsfaktoren werden um einen weiteren Aspekt ergänzt:

Künftig muss eine Altersrente nur noch dann vorzeitig beantragt werden, wenn sie trotz dieser vorzeitigen Inanspruchnahme und der damit verbundenen Abschläge bedarfsdeckend ist. Sie muss dagegen nicht mehr vorzeitig in Anspruch genommen werden, wenn die Höhe dieser Rente zum (ergänzenden) Bezug von Leistungen der Grundsicherung im Alter führen würde.

Die Verordnung bedarf nicht der Zustimmung des Bundesrates. Sie tritt am 1. Januar 2017 in Kraft.

http://www.bmas.de/DE/Presse/Pressemitt ... BAA79A0866
Frei nach Hanns-Dieter Hüsch, ist der Kölner überhaupt zu allem unfähig. Er weiß nix, kann aber alles erklären.
Deshalb kann von mir keine Rechtsberatung erfolgen, auch nicht per e-mail oder PN.
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marsupilami
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Re: BMAS-Verordnung schafft "Zwangsverrentung" ab

#2

Beitrag von marsupilami »

Das ist doof.
Dann können die mich noch 3 Jahre trietzen.
Signatur?
Muss das sein?
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benedetto
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Re: BMAS-Verordnung schafft "Zwangsverrentung" ab

#3

Beitrag von benedetto »

Die Überschrift aus der BMAS-Pressemitteilung ist n.m.A. mißverständlich bzw. irreführend, denn in einer Mitteilung der Bundesregierung vom gleichen Tag zum Thema Aktuell Flexirente: Selbstbestimmter in den Ruhestand ist die Rede von "Entgegenwirken" durch die beabsichtigte Änderung der UnbilligkeitsV:
Keine "Zwangsverrentung" mehr aus Grundsicherung heraus

Für Arbeitssuchende in der Grundsicherung besteht bisher unter bestimmten Umständen die Pflicht, vorzeitig Altersrente zu beantragen. Diese Praxis kann aufgrund der fällig werdenden Abschläge jedoch dazu führen, dass dauerhaft Leistungen aus der Grundsicherung im Alter bezogen werden müssen.

Neben der Zustimmung zur Flexirente hat das Kabinett die Unbilligkeitsverordnung zur Kenntnis genommen.

Mit der Unbilligkeitsverordnung wird der "Zwangsverrentung" entgegengewirkt. Ist eine dauerhafte Grundsicherung absehbar, braucht eine vorzeitige Altersrente künftig nicht mehr beantragt zu werden. Die Unbilligkeitsverordnung wird durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales erlassen.
https://www.bundesregierung.de/Content/ ... rente.html

Vermutlich wird die Zwangsverrentung nicht abgeschafft, sondern lediglich beschränkt, weil das BMAS zum 1.1.2017 eine Änderung der UnbilligkeitsV angekündigt hat. Demnach dürfte der § 3 (Bevorstehende abschlagsfreie Altersrente) neu gefasst werden.

http://www.buzer.de/gesetz/8182/index.htm
10.11.2015 - Seite 7: Abschlussbericht der Koalitionsarbeitsgruppe „Flexible Übergänge vom Erwerbsleben in den Ruhestand“ - III. Berentung von SGB II-Berechtigten...
Die Ergänzung soll sinngemäß lauten:


Unbillig ist die Inanspruchnahme,wenn Leistungsberechtigte dadurch hilfebedürftig im Sinne der Grundsicherung im Alter werden würden. Dies ist anzunehmen,

wenn der Betrag in Höhe von 70 Prozent der bei Erreichen der Altersgrenze (§ 7a des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch) zu erwartenden ungeminderten Altersrente niedriger ist als der zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Unbilligkeit maßgebende Bedarf des Leistungsberechtigten nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch.
http://www.deutsche-rentenversicherung. ... ition.html

In dem vorliegenden Textentwurf sehe ich keine vollständige Abchaffung der Zwangsverrentung von allen in Frage kommenden 63jährigen ALG2-Beziehern mit erwartbar prekärer Altersrente, da lediglich eine weitere Hürde für die Voraussetzungen einer Zwangsverrentung festgelegt werden soll. Vielleicht werden in der parlamentarischen Beratung noch weitere Klarstellungen erfolgen.

Siehe auch:

Matthias W. Birkwald, rentenpolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE am
24.08.2016 - Bilanz der Zwangsverrentung und mögliche Reformoptionen:

http://www.matthias-w-birkwald.de/artic ... ionen.html
Olivia
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Re: BMAS-Verordnung schafft "Zwangsverrentung" ab

#4

Beitrag von Olivia »

marsupilami hat geschrieben:Das ist doof.
Dann können die mich noch 3 Jahre trietzen.
Du kannst den Rentenantrag doch auch selber stellen. Am besten jetzt schon - dann kommt der Verwaltungsvorgang schon mal in die Gänge.
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benedetto
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Re: BMAS-Verordnung schafft "Zwangsverrentung" ab

#5

Beitrag von benedetto »

Aus Harald Thomé's Newsletter 28/2016 vom 17.09.2016:

http://tacheles-sozialhilfe.de/startsei ... /d/n/2070/

Hier nun die VO im Download:

http://www.harald-thome.de/media/files/ ... sV-ndV.PDF

Auszug Seite 1 >
Verordnung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales
Erste Verordnung zur Änderung der Unbilligkeitsverordnung

Vom ...

Auf Grund des § 13 Absatz 2 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch - Grundsicherung
für Arbeitsuchende -, in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. Mai 2011 (BGBl. I S.
850, 2094), verordnet das Bundesministerium für Arbeit und Soziales:

Artikel 1

Änderung der Unbilligkeitsverordnung

Die Unbilligkeitsverordnung vom 14. April 2008 (BGBl. I S. 734) wird wie folgt geändert:

1. § 6 wird wie folgt gefasst:

"§ 6 Hilfebedürftigkeit im Alter

Unbillig ist die Inanspruchnahme, wenn Leistungsberechtigte dadurch hilfebedürftig im Sinne der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch werden würden. Dies ist insbesondere anzunehmen, wenn der Betrag in Höhe von 70 Prozent der bei Erreichen der Altersgrenze (§ 7a des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch) zu erwartenden monatlichen Regelaltersrente niedriger ist als der zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Unbilligkeit maßgebende Bedarf der leistungsberechtigten Person nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch.“

2. Der bisherige § 6 wird § 7.

Artikel 2

Inkrafttreten

Diese Verordnung tritt am 1. Januar 2017 in Kraft.
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